Volltext: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs Nr. 23 (Nr. 23 / 2013)

Die Vereinnahmung des Brauchtums durch den Nationalsozialismus 47 demokratie propagierte die Feier der Wintersonnenwende. Vor allem letzte- rer ging es erster Linie dabei um eine konfessionelle Neutralisierung und ein Zurückdrängen kirchlichen Einflusses und nicht um eine totale Vereinnah- mung für eigene Anschauungen wie beim Nationalsozialismus. In einer ersten Phase, ab Mitte der 20er Jahre, erfolgt hauptsächlich im internen Kreis der Parteiformationen eine Vermischung christlicher mit vor- geblich germanischen Elementen, wobei erstere vereinnahmt und langsam verdrängt werden. So hieß es etwa in der Julrede der Linzer Turngemeinde Jahn: „Von einem Heilande singen in dieser Nacht die Menschen Lieder. Nach einem deutschen Heiland rufen unsere Herzen sehnsüchtig.“ Und wei- ter: „Der Stern, der uns zur Krippe des Erlösers führen soll, bleibt über unse- ren eigenen Häuptern stehen.“ Christus wird gleichsam arisiert, wenn es heißt: „Die Verehrung der Lichtgestalten Balder, Mithras und Christus ist besonders den arischen Völkern zu eigen.“ Und Adolf Hitler selbst scheute sich nicht, in seiner Weihnachtsbotschaft 1928 Christus als Symbol, freilich nicht als Friedensbringer, sondern als Kriegsheld, hinzustellen. 1933, bei den ersten Weihnachten nach der nationalsozialistischen Machtübernahme, wur- de der Erlöser Christus dem Retter Hitler gleichgestellt. Und bei einer pom- pösen Weihnachtsfeier der Reichsbahndirektion in Berlin erklang das Horst- Wessel-Lied neben dem Lied „Oh du Fröhliche“ und traten SA-Männer in Uniform bei einem Krippenspiel auf. Doch nun wurden die Umformungen öffentlich, schärfer und sollten die gesamte Bevölkerung bis in den privaten Bereich umfassen. Statt christlicher Vergleiche war nun von der Vorsehung, von einer auserwählten Stellung und Sendung Deutschlands in einem gottgewollten Weltenbauplan die Rede. Der Adventkranz mutierte zum Jul- oder Sonnwendkranz, das Christkind zum Lichtkind. Der Christbaum zum Jul- oder Lichterbaum, der mit Selbstgebas- teltem, etwa Runen und anderen germanischen Symbolen geschmückt wur- de. „Hinaus mit dem Davidstern, schmückt euren Weihnachtsbaum mit dem Hakenkreuz“, hieß es nun. Überhaupt wurde nun vermehrt die Verbindung zwischen Judentum und Christentum hergestellt. Auf Weihnachtslieder wie „Zu Bethlehem geboren“ können „die Deutschen wohl verzichten“. Hatte 1924 die „Linzer Volksstimme“ noch die Erhaltung von Weihnachtskrippen propagiert, wurde ihnen nun ihr religiöser Gehalt abgesprochen und lediglich ein künstlerischer Wert zugebilligt. Weihnachtsfeiern der Parteiorganisatio- nen entsprachen nun genau dem NS-Festschema mit Fahneneinmarsch und Treuebekenntnis. Unmissverständlich wurde 1937 klargestellt: „Es besteht für uns keinerlei Veranlassung, in der Volksweihnacht Engel, Hirten oder Gestalten der kirchen-christlichen Legende auf die Bühne zu bringen.“ Vermehrt rückte die Wintersonnenwende in den Blickwinkel, da man die Sonnwendfeier als urgermanisch betrachtete und im Aufsteigen der Sonne
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