Volltext: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs Nr. 23 (Nr. 23 / 2013)

302 Florian Schwanninger riereformbewegung – die ein würdiges Gedenken an die Opfer der NS- Euthanasie etablieren wollten. Schließlich schwanden in den 1980ern auch die Widerstände – vor allem innerhalb der Kirche – gegen eine Ehrung oder Seligsprechung von Franz Jägerstätter. Weiters konnten in seiner Heimatre- gion feste und regelmäßige Formen des Gedenkens etabliert werden. Anzumerken ist, dass die Impulse auf die oberösterreichische Erinne- rungskultur nun nicht mehr in ihrer Mehrzahl von ausländischen Verbänden und Institutionen ausgingen. Die heimische Gesellschaft – nicht nur in die- sem Bundesland – war nun offenbar (wieder) in der Lage, das Gedenken und Erinnern an die NS-Zeit und ihre Opfer aus sich heraus zu gestalten – wenn dies auch weiterhin das Anliegen einer Minderheit bleiben sollte. Der Trend zur regionalen und gruppenspezifischen Verbreiterung des Er- innerns und Gedenkens sowie der historischen Aufarbeitung setzte sich in den 1990er Jahren beschleunigt fort. Nicht zuletzt spielten dabei regional verankerte, aber überregional vernetzte Vereine, wie die Mauthausen Aktiv Gruppen (später Mauthausen Komitees), eine wichtige Rolle. Jüdisches Le- ben in Oberösterreich wurde zunehmend zu einem (Forschungs-)Thema, die Kritik an „braunen Flecken“, wie z. B. Straßennamen oder Gedenkzeichen für die Waffen-SS, koppelte sich mit der Auseinandersetzung mit aktuellen rechtsradikalen oder –populistischen Aktivitäten. Die Aufarbeitung der NS-Zeit wurde in den 1990er Jahren vor allem in der Landeshauptstadt intensiv betrieben. Ab dem Jahr 1988 kam es zu zahl- reichen Aktivitäten bei der Errichtung von Mahnmalen und bei der Benen- nung von Straßen nach NS-Opfern. 1996 war von der Stadt Linz ein umfang- reiches Projekt zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der NS-Zeit beschlossen worden, welches zahlreiche Publikationen, Veranstaltungen und auch Akti- vitäten im Bereich Erinnern und Gedenken zur Folge hatte. Linz nahm damit im österreichweiten Vergleich eine Pionierfunktion ein. Initiativen wie in Ebensee oder Hartheim, die die Einrichtung von Muse- en und Gedenkstätten zum Ziel hatten, konnten sich ab Ende der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre etablieren bzw. institutionalisieren und an die Umset- zung ihrer Ziele schreiten. Die Sicherung der Finanzierung durch Bund und Land war dafür ausschlaggebend. Im Falle von Hartheim konnte beispiels- weise ein Proponentenkomitee gebildet werden, 1995 folgte die Vereins- gründung. Zwei Jahre später fasste die Landesregierung den Entschluss, mit Hartheim eine zweite Gedenkstätte mit Dauerausstellung neben der KZ- Gedenkstätte Mauthausen einzurichten. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgte durch das Landesarchiv und die Linzer Universität. Nach Sanierung und Umbauarbeiten konnte der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim im Jahr 2003 mit einer Sonderausstellung des Landes Oberösterreich eröffnet werden, wobei hier mit der Thematisierung der Behindertenpolitik und von medizinisch-ethischen Fragestellungen – im Unterschied zu anderen Ge-
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