Volltext: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs Nr. 23 (Nr. 23 / 2013)

Heimatdichtung in Oberösterreich – eine Sichtung 141 er gegen die mannigfaltigen Ausgeburten des Provinziellen ätzt. Reger, die rhetorische Hauptfigur im Kunstdisput „Alte Meister“ von 1985, versteigt sich in seiner Schmährede sogar zu der Behauptung, die heimische Provinz sei grundsätzlich außerstande, wahre Talente hervorzubringen und diesbe- züglich unfruchtbar. Als Beweis für sein anmaßendes Urteil nennt er die Prosa Adalbert Stifters, dieses literarischen Säulenheiligen Oberösterreichs, dem Reger jegliche künstlerische Bedeutung abspricht: „Es wäre ja auch un- denkbar, daß aus dem kleinbürgerlichen Provinzloch Linz, das seit Keplers Zeiten ein tatsächlich zum Himmel schreiendes Provinzloch geblieben ist […], auf einmal ein Genie hervorgegangen wäre, als welches doch Stifter allgemein bezeichnet wird. Stifter ist kein Genie, Stifter ist ein verkrampft lebender Philister und ein ebenso verkrampft schreibender muffiger Klein- bürger als Schulmann“ –, um seine Invektive mit Anton Bruckner abzurun- den: „Armes Oberösterreich, sagte er, das tatsächlich glaubt, zwei der größ- ten Genies hervorgebracht zu haben, während es doch nur zwei maßlos über- schätzte Blindgänger erzeugt hat, einen literarischen und einen kompositori- schen.100 Abschließend bleibt noch ein kurzer Blick auf das letzte Dezennium des 20. Jahrhunderts. Als sicherlich bedeutendste und vielleicht auch ehrgeizigs- te Arbeit aus dem Spektrum der heimatbezogenen Dichtung Oberösterreichs der Neunzigerjahre darf ein rund tausendseitiges Epos gelten, welches den Dramatiker, Erzähler, Hörspiel- und Filmautor Friedrich Ch. Zauner (* 1936) als gewichtigen Romanautor ausweist. Schon 1981 hat der aus Rainbach im Innkreis stammende und dort wirkende Schriftsteller mit „Dort oben im Wald bei diesen Leuten“ eine Talentprobe in dieser Gattung gege- ben und darüber hinaus thematisch den Grundstock gelegt für sein nunmehr vierbändiges Werk „Das Ende der Ewigkeit“. Anhand dieser Tetralogie – „Im Schatten der Maulwurfshügel“ (1992), „Und die Fische sind stumm“ (1993), „Früchte vom Taubenbaum“ (1994), „Heiser wie Dohlen“ (1996) –, vom Grünbacher Verleger Franz Steinmaßl in der Edition Geschichte der Heimat herausgebracht, gestaltet Zauner mit den Worten des Salzburger Schriftstellers Karl-Markus Gauß die „literarische Chronik eines Innviertler Winkels“.101 Wenn er hierfür auf das Sujet des bäuerlichen Heimatromanes zurückgreift, geschieht dies keineswegs aus Epigonentum oder gar, um die Textsorte zu reanimieren, sondern ist Ausdruck einer Erzählhaltung, die sich auf Tradition beruft, freilich nicht ohne auf eine Neubewertung und geänder- 100 Thomas Bernhard, Alte Meister. Komödie. Hg. v. Martin Huber und Wendelin Schmidt- Dengler (Werke 8, Frankfurt am Main 2008) 48 u. 50 101 Karl-Markus Gauß, „Das Ende der Ewigkeit“. Friedrich Ch. Zauners literarische Chronik des Innviertels. In: Das Innviertel. Porträt einer kulturellen Region. Hg. v. A. Pindelski (Steyr 1998) 43. Zum Autor siehe das Themenheft Friedrich Ch. Zauner. Hg. v. Walter Kohl (Die Rampe Porträt, Linz o. J. [1996])
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