Volltext: Die Entwicklung der Stadt Wels nach Norden (2. / 1926)

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Die Entwicklung der Stadt Wels nach Norden. 
Dichter, sein Wort variierend, sagen kann: Festgemauert in der Erden, 
steht der Dom aus Stein gebaut. Und jedem, der heute, der in fonu 
inenden Zeiten in diese freundliche Stadt seinen Fuß setzt oder den 
Reiselust an ihr vorüber führt, entbietet, mag er von oben oder unten 
kommen, das Brüderpaar der edlen, stolzen Türme, heute noch draußen 
an der Peripherie der Stadt, freundlichen Willkomm. Der eine 
wird der steinernen Wegweiser Sprache nicht verstehen, des Lebens 
verschlungene Pfade haben feinen Glauben erschüttert, seine Ideale 
sind anderer Art: Erdenstaub und Erdentand oder die Jagd nach 
Genuß; aber auch er wird, selbst wenn er des Harmonischen Baues 
himmelweisenden Zweck nicht versteht, im geheimen Kämmerlein 
des Herzens seine Anerkennung denen nicht zu versagen vermögen, 
die dem Himmelsherrn dies Haus gebaut. Der andere, entzückt von 
der gewaltigen Majestät dieses Gottesdomes, angeheimelt von diesem 
in Stein verkörperten Himmelsgedanken, lauscht der Zwiesprach, 
die die beiden Brüder draußen traulich halten; er versteht es, was 
sie einander zuraunen von der Seelenhirten vertrauensvollem Hoffen, 
ihren bangen Stunden, ihren stillen Freuden, von des Baumeisters 
und der Werkleute nimmermüdem Schassen, von dem Opfermute 
und der Opfertreue derer, die mit ihren großen und kleinen Gaben, 
sorgsam vom Schutzengel verbucht für den großen Tag der Aus¬ 
zahlung, dem Erlöserherzen diesen Thron in ihrer Mitte errichtet 
haben; für ihn, dem Gläubigen, ist's ein Kredo in Stein, Euer Kredo, 
Ihr Wackeren, das Euren Kindern, das kommenden Geschlechtern — 
o, glaubt mir's, auch die Steine reden! — künden wird, was Euer 
Glaube, Eure Liebe geopfert, was vereinter Kräfte Walten geschaffen: 
ein Juwel, dessen das ganze Heimatland ob der Enns mit Recht sich 
freut, eine Stätte, wo Euch und Euren Kindern für all die Sorgen, 
die dem Menschen das Herz schwer machen, der Born des Trostes 
nie versiegen, für all die Stunden, wo die Fittiche eigener Kraft 
zu erlahmen drohen, die Quelle aller Kraft strömen, für den Weg 
nach auswärts, auf dem für uns Menschenkinder es oft wie tiefes 
Dunkel liegt, das ewige Licht als freundlich milder Leitstern nicht mehr 
erlöschen soll. 
Ja, es war mir, als ich heute mittags vor der mächtigen Fassade 
staunend stand, als stünde es mit Flammenschrift über dem Portale 
geschrieben, wahr und trostvoll: „Nicht vergeblich haben gearbeitet, 
die dies Haus gebaut." 
Der Redner ging dann auf die kirchliche Bestimmung dieses 
Hauses über. Die Kirche als weltumspannende Gottesstiftung, wie 
sie ihrer erhabenen, vom Stifter ihr gewiesenen Aufgabe gerecht ge¬ 
worden, wie sie das Antlitz der Erde erneuert hat, das, in großen 
Zügen ausgeführt, war dann der eigentliche Gegenstand der Fest¬ 
rede. Die Welt vor Christus, die Welt nach Christus. Das Licht 
reiner Gotteserkenntnis, die Kraft zu geläuterter Lebensführung 
und das Feuer der Liebe, das die sozialen Gebiete durchdringt.
	        
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