Volltext: Die Entwicklung der Stadt Wels nach Norden (2. / 1926)

116 Die Entwicklung der Stadt Wels nach Norden. 
Der christliche Sinn des Volkes errichtete im 14. und 15. Jahr¬ 
hundert allenthalben auch fromme Stiftungen; in Wels gab es deren 
eine große Zahl. Aber dann kam der Reif über die christliche Mild¬ 
tätigkeit und die kirchliche Kunst. Im Streit der sogenannten Re¬ 
formation, in den folgenden Wirren und Kämpfen war kein Platz 
für friedliche Fortentwicklung der im Mittelalter so schön erblühten 
Baukunst. Jäh ward der Faden abgerissen; vom fremden Lande, 
von Italien aus, mußte später neue Anregung kommen. 
Gerade Wels war von diesen Wirren stark in Mitleidenschaft 
gezogen. Lange noch werden sich die Bewohner dieser Stadt an den 
1(X Oktober 1626 erinnert haben, an dem während eines Kampfes 
zwischen Soldaten und Bauern in der Vorstadt Feuer ausbrach 
und 227 Häuser und 59 Stadel einäscherte. 
Als nach dem Bauernkrieg die Ruhe wieder hergestellt war, 
wurde über kaiserlichen Befehl in Wels ein Kapuzinerkloster gegründet, 
mm die Zurückführung der Bewohner in die katholische Kirche zu 
fördern. Es wurde durch den Abt von Kremsmünster Anton Wolsradt 
1630 gegründet, die Klosterkirche am 13. August 1631 eingeweiht. 
Reges künstlerisches Leben begann aber erst wieder nach dem 
Ende des großen Dreißigjährigen Krieges und wuchs dann im Sieges- 
jubel des österreichischen Heldenzeitalters unter dem Eindrücke der 
Siege des Prinzen Eugen zu imponierender Stärke. Tonangebend 
Uar die Hauptstadt Wien. Dort hatte Kaiser Ferdinand III. 1647 
„Am Hofe" eine Mariensäule aus Stein errichtet, die sein Sohn 
Leopold I. 1667 mit der heute noch stehenden ehernen vertauschte. 
Um 1660 sehen wir auch in Wels die Mariensäule bei den Minoriten 
-erstehen. Und als der Barockstil seine Herrschaft begann, blieb auch 
Wels nicht zurück. Bereits 1694 stand ein neuer Hochaltar für die 
Stadtpfarrkirche in Arbeit, 1718 machte der gotische Zwickelturm 
einer Kuppel Platz, 1730 wurden außen ant Haupttore steinerne 
Statuen aufgestellt; die des heiligen Michael zur Erinnerung an die 
Pest, welche in österreichischen Landen 1713 gewütet hat. Die Stadt 
chatte am 6. Oktober dieses Jahres gesperrt und der Wochenmarkt 
auf die Heide hinaus verlegt werden müssen. Damals (1712—1714) 
war auch die Spitalkirche im Ban und 1715 wurde zum Dank für 
die Abwendung jener Pest der Grundstein zur Kalvarienbergkirche 
bei Wels gelegt. 
Diesem schönen Kunstleben machten die „Aufklärung" und ihre 
Tochter, die „Revolution", ein Ende. Was half die Reise des Papstes 
Pins VI. in unseren Kaiserstaat? Am 24. April 1782 spendete der 
Heilige Vater auch in Wels dem Volke feinen Segen. Aber 1785 
wurden die Klöster der Minoriten und Kapuziner aufgehoben und 
tmnn die Kirche der ersteren und die Spitalkirche dem Gottesdienste 
entzogen. Schließlich mußte die Stadt auch den Sohn der Revo¬ 
lution, Napoleon I., zuletzt am Tage der Schlacht bei Ebelsberg, 
in ihren Mauern sehen.
	        
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