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5. Abschnitt
rechtlichen Bestimmungen über das Blockaderecht so zu gestalten, daß das
letztere möglichst drückend und möglichst scharf ist, ein Schlag ins Wasser
gewesen — falls sie sich nicht alsbald gegen diesen Staat selbst richten
werden.
Für die zweite Haager Konferenz 1907 hatte England seinen Vertretern
Instruktionen mitgegeben, die von der Ansicht ausgingen, daß der Grundsatz
der Unverletzlichkeit des Privateigentums zur See auch das Blockaderecht
beseitigen würde. Die Delegierten wurden deshalb angewiesen, keiner Reso
lution beizustimmen, „welche die wirksamen Druckmittel der Flotte vermin
dert". Andererseits sollten sie sich weder der Erörterung der Unverletzlichkeit
des Privateigentums zur See widersetzen noch sich weigern, daran teilzu
nehmen; auch sollten sie nicht verpflichtet sein, die Initiative zu einem Wider
stand gegen eine etwa beabsichtigte Resolution zu ergreifen. Diese Instruk
tion war meisterhaft, sobald das zu erreichende Ziel nicht sowohl in einer
Förderung des Seekriegsrechts bestand, als in der Hervorzauberung des
Eindrucks, daß England den wichtigsten Forderungen auf diesem Gebiet
keinen Widerstand entgegensetze — während es in der Tat jeden Fortschritt
hintertrieb. Ehrlich und fortschrittlich zugleich ist unter den ein
flußreichen Persönlichkeiten Englands wieder nur Graf Loreburn gewesen,
der während der zweiten Haager Konferenz Lordkanzler war. Er hat 1913
verlangt, in Zukunft sollte allein die Blockade von Kriegshäfen, Festungen
und militärischen oder Flotten-Stützpunkten zulässig sein, während eine
Blockade bloßer Handelshäfen verboten werden müsse. Daß Grey sich gegen
diese Erweiterung des bestehenden Völkerrechts zur See, die zugleich einen
Fortschritt über die Londoner Deklaration hinaus darstellen würde, erklärt
hat, ist selbstverständlich.
Die Folge dieser Haltung Großbritanniens ist, daß es nun, während
es glaubte, Deutschland aushungern zu können, rettungslos in dem eigenen
Netze zappelt x ).
5. Abschnitt.
Die Frage der Konterbande.
AXiemand bestreitet, daß den Kriegführenden das Recht zusteht, die Zu-
*J\ führung unmittelbarer Heeresbedürfnisse an die feindlichen Streitkräfte,
allen, auch den neutralen Staaten, zu verbieten. Zu Lande kann die Lie
ferung von Konterbande nur dann verhindert werden, wenn man das Ge
biet, an welches die Lieferung erfolgt, besetzt hat. Wird die Lieferung da
gegen über eine Landgrenze versucht, die nicht in den Händen der krieg-
*) Siehe die beiden letzten Kapitel.