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3. Abschnitt
und Bukanier auf spanische Silberflotten Jagd machten, lauerten auch in
Dünkirchen zahlreiche Seeräuberschiffe auf gute Beute. Je mehr aber der
Staat die ungeregelte Piraterie einzuschränken suchte, desto mehr wurde es
üblich, Kaper- oder Markbriefe zu nehmen. In den Kaperbriefen
waren genaue Vorschriften darüber enthalten, welche Gesetze und Gebräuche
im Kriege zu beachten waren. Der Kaperbrief mußte stets an Bord sein.
Auch mußte der Eigentümer des Kaperschiffes eine Kaution stellen, weil man
sonst nicht sicher sein konnte, daß er den Vorschriften entsprechend handelte.
Ursprünglich nahm man es in der Unterscheidung von Krieg und Frieden
nicht allzu genau. Im 17. Jahrhundert jedoch hielten sämtliche beteiligten
Staaten es im eigenen Interesse für nötig, zu verbieten, daß ihre Angehö
rigen mitten im Frieden Seeraub trieben. Kaperbriefe wurden also nur
mehr dann erteilt, wenn eine Kriegserklärung erfolgte. Vorsichtigerweise
pflegten sie allerdings schon einige Zeit vorher ausgestellt zu werden, zumal
da die entsprechenden Gesuche abenteuerlustiger, beutegieriger oder spekulations
wütiger Kaufleute stets in großer Zahl einliefen. Die Ermächtigung zur
Kaperei wurde nur bestimmten Personen erteilt, sie war auf eine gewisse
Zeit beschränkt und konnte jederzeit widerrufen werden. Während die Fli
bustier und Bukanier wie manche andere Seeräuber früherer Jahrhunderte
heute diesem, morgen jenem Staat zu dienen vorgaben, nicht selten auch
zweien oder mehreren zur selben Zeit, wurde nun bestimmt, daß kein Kaper
gleichzeitig von zwei Regierungen autorisiert werden dürfe — auch nicht,
wenn sie verbündet seien. Ferner wurde die Erteilung von Kaperbriefen an
Untertanen neutraler Staaten verboten.
Den Kapern standen die Vorteile des Kriegsrechts zur Seite, wie
sie auch zu allgemeinen Kriegszwecken verwendet werden konnten. Anderer
seits sollten sie sich den Kriegsgebräuchen fügen. Taten sie dies nicht, oder
erlosch ihr Kaperbrief, kaperten sie unter falscher Flagge, brachten sie ihre
Beute nicht vor ein Prisengericht, raubten sie in fremden Binnengewässern,
oder konnten sie keinen Kaperbrief vorweisen, so wurden sie als Seeräuber
betrachtet, denen die Ansprüche des Kriegsrechts nicht gewährt wurden,
sondern mit denen man ohne Gnade und Barmherzigkeit verfuhr.
Die Beobachtung des Kriegsrechts brachte ihnen also große Vorteile.
Auch konnten sie selbst bei solcher Bindung ungeheure Beute machen.
Während der Kriege Ludwigs XIV. beliefen sich die Prisengelder in Dün
kirchen auf 22 Millionen Francs; und was Kaufleute in London, Bristol
und anderen englischen Hafenstädten durch Kaperei verdienten, davon weiß
die Handelsgeschichte des 17. und mehr noch des 18. Jahrhunderts die
merkwürdigsten Beispiele zu erzählen.
Indessen konnte niemand darüber im Zweifel sein, daß die Kaperei ein
barbarischer Kriegsbrauch war, der mit der nur aus der gemeinsten Raub
sucht hervorgehenden Piraterie verzweifelte Aehnlichkeit hatte, daß also hier