104
11. Abschnitt: Internationale Konferenzen.
auf die Regierungen als wichtige Aufgabe betrachtete, die Einberufung
mehrerer diplomatischer Konferenzen zu danken, von denen eine
der wichtigsten in Brüssel im September 1910 damit endete, daß 25 Staaten
die ersten beiden Verträge über Schiffszusammenstoß und Hilfeleistung unter
zeichneten. Zwar ist manche von dem Komitee eifrig vorbereitete und nach
drücklich geforderte internationale Einigung nicht zustande gekommen. Den
noch hat es, bedenkt man die Schwierigkeiten und die Langsamkeit inter
nationaler Fortschritte, in verhältnismäßig kurzer Zeit viel erreicht.
Damit hat das Komitee auch der Diplomatie mannigfach vorgearbeitet.
Sollte eine dritte Haager Konferenz zustande kommen, so würde sie
daraus manchen Vorteil ziehen. In der ersten Hälfte des Jahres 1914
verlautete, die Regierungen Rußlands und der Niederlande seien überein
gekommen, die dritte Konferenz zum Frühjahr 1917 einzuberufen. Gemäß
den Anregungen der zweiten Haager Konferenz vom Jahre 1907 sollte zu
nächst ein vorbereitender Ausschuß zusammentreten, auf dessen Arbeiten die
neue Zusammenkunft in weitgehendem Maße angewiesen wäre. Die zweite
Konferenz hat die Bildung einer vorbereitenden Kommission empfohlen, als
deren Aufgabe bezeichnet wurde, die eingehenden Vorschläge zu sammeln,
das für eine internationale Regelung geeignete Material zu sichten und ein
Programm für die Arbeiten der dritten zusammenzustellen, das den Regie
rungen früh genug unterbreitet werden müßte, um ihnen Zeit zur Prüfung
der Vorschläge zu lassen. Im deutschen Reichstag wurde von national
liberaler Seite — die Parteien weiter links unterstützten den Vorschlag —
der Regierung empfohlen, nach dem Beispiel anderer Staaten alsbald eine
vorbereitende Studienkommission einzusetzen, um beim Zusammentreten der
dritten Haager Konferenz gut vorbereitet zu sein; das Interesse für die
Schiedsgerichtsbewegung sei nun einmal in Deutschland zweifellos erwacht.
Unter den Fragen, die die dritte Haager Konferenz beschäftigen würden,
stehen das Seebeuterecht und ihm zur Seite die Fragen der Konterbande und
Blockade an erster Stelle. Der Weltkrieg mag eine Hinausschiebung der
Konferenz bedeuten — überflüssig macht er sie nicht. Im Gegenteil. Man
hat in dieser Zeit, in der die ganze Welt erschüttert wurde, noch deutlicher
als vorher den außerordentlichen Wert klarer völkerrechtlicher Bestimmungen
eingesehen. Neben den früheren Problemen sind neue emporgetaucht, die
dringend Lösung heischen. Selbst wenn die Mehrzahl der am Kriege be
teiligten Staaten keine Sehnsucht nach einer neuen Haager Konferenz emp
finden sollte, so werden doch die Neutralen um so stärker darauf
dringen, daß man die Fortbildung des Völkerrechts nicht versäumt.
Der Krieg hat die Welt in einem Augenblick überrascht, als das See
kriegsrecht in halbfertigem Zustand war. Aus der Erstar
rung, die ihm seit beinahe zwei Jahrhunderten durch den Widerspruch der
stärksten Seemacht aufgezwungen war, konnte es sich nur 1856 auf einen