DER KRIEG IN DEN KOLONIEN
Die Mehrzahl der Deutschen und auch die Regie
rung lebten bis zum Kriege in dem Irrtum, daß die
— zur Wahrung der Achtung vor dem weißen Manne
abgeschlossenen — Kongo-Akte, nach denen europä
ische Konflikte in Zukunft nicht mehr auf die Kolo
nialgebiete übertragen werden durften, von allen be
teiligten Mächten innegehalten würden, so daß in
Zentralafrika Weiße nicht gegen Weiße, geschweige
denn Farbige im Solde von Weißen gegen Weiße
kämpfen würden. Man glaubte, daß dieses vernünf
tige Abkommen auch in den anderen afrikanischen Be
sitzungen ohne weiteres durchgeführt werden würde.
Infolgedessen war in den deutschen Kolonien nichts
gegen Angriffe von außen vorbereitet worden. Die
Kolonien besaßen gerade so viel militärische Macht
mittel, wie sie zur Aufrechterhaltung der Ruhe im
Innern benötigten. — Das deutsche Vertrauen auf
das vernünftige Abkommen sollte bitter enttäuscht
werden. Schon in den ersten Tagen nach der Kriegs
erklärung zeigte sich, daß für unsere Feinde jenes Ab
kommen nichts als eine wohlüberlegte Täuschung
Deutschlands war, daß vielmehr unsere aufblühenden
Kolonien allen kriegführenden Mächten als begeh
renswerte Beute erschienen, und daß überall plan
mäßige Vorbereitungen getroffen waren, um sie so
fort in Besitz zu nehmen.
Aber die Deutschen da draußen zeigten sich der Hei
mat wert. Sie nahmen den ungleichen Kampf auf in
der Zuversicht, daß das Schicksal ihrer Kolonie zwar
auf den Schlachtfeldern in Europa entschieden würde,
aber in der Hoffnung, bis zu diesem Tage die Kolonie
Deutschland erhalten oder wenigstens mit ihrem Blut
das Recht der Rückerstattung der etwa verlorenen bei
Friedensschluß erkaufen zu können.
¥ß