Volltext: Nr. 7/8 1932 (Nr. 7/8 1932)

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Rr. 7/& 
«fn§ an der Dona«, ÄssvS-Mngnffs 1932. 
10. Ziayrgang. 
Die Wirtschaftslage in Oesterreich und 
die Kriegsopfer. 
Referat des Verbandsvorfitzenden Abg. Weidwger am Verbandstag am 24. April 1932 
Werte Kameradinnen i 
Der Berbandstag im Mai 1931 hat festgestellt, daß 
die Wirtschaftskrise einen verheerenden Umfang ange° 
nommen hat. Damals, im Mai 1931, verzeichneten wir 
in Oesterreich einen Stand von zirka 399.999 Arbeits- 
losen. Dazu kam noch eine Anzahl von Leuten, die eben- 
falls aus dem Produktionsprozeß ausgeschieden waren 
und die im Bezüge der sogenannten Altersfürsorgerente 
standen. Wenn wir damals der Meinung Ausdruck ver- 
liehen haben, daß alle Kräfte in diesem Lande zusammen- 
gefaßt werden sollen, um dieser fürchterlichen Wirtschafts¬ 
krise entgegentreten zu können, so haben wir, wie ich 
gestern schon in meiner Rede bei der Eröffnung des Ver- 
bandstages gesagt habe, uns einer falschen Hoffnung hin- 
gegeben. Der Verbandstag des Vorjahres hat aber auch 
zum Ausdruck gebracht, daß alles darangesetzt werden 
müsse, um dem furchtbaren Uebel der Arbeitslosigkeit 
an den Leib zu rücken. Er hat weiters in der Resolution, 
die einstimmig beschlossen worden ist, seiner Auffassung 
Ausdruck verliehen, daß im Innern dieses Landes eine 
Politik gemacht werden müsse, die wir als eine Voraus- 
setzung für den Wiederaufbau unserer Wirtschaft für un- 
bedingt notwendig halten. Nun, nach Ablauf eines Iah- 
res, am heutigen Verbandstag, müssen wix feststellen, daß 
leider viel zu wenig getan wurde, eine solche Politik zu 
machen, von der wir vermeinen, daß sie in der Lage ist, 
dieser fürchterlichen Wirtschaftskrise zu steuern. Von einer 
solchen Politik ist nichts zu verspüren gewesen. Die Wirt- 
fchastslage des Landes hat sich nicht zuletzt aus diesem 
Grunde bedeutend verschlechtert und noch immer ist nicht 
abzusehen, wann endlich einmal das Gleiten nach ab- 
wärts ein Ende nehmen wird. Noch immer müssen wir zu 
Kenntnis nehmen, daß die Zahl derer, die aus dem Pro- 
duktionsprozeß ausgeschaltet werden, immer größer wird, 
noch immer müssen wir sehen, daß unsere Industrie einen 
Schrumpfungsprozeß geht, der feine Wirkungen im aller- 
ungünstigsten Sinne für die Bevölkerung dieses Landes 
übt. Die Politik des Mißtrauens, die die ganzen Jahre 
hindurch vorherrschend war, war auch in der abgelaufenen 
Zeitperiods die gleiche und trägt zum Großteile Schuld 
daran, daß es nicht möglich geworden ist, jene Mittel in 
Anwendung zu bringen, die nach unserer Meinung geeig¬ 
net gewesen wären, dem furchtbaren Elend zu steuern. 
Gewiß, die Wirtschaftskrise ist nicht auf Oesterreich allein 
beschränkt, sie hat Europa und darüber hinaus einen 
großen Teil der Welt erfaßt. Sie ist zur Krise der Welt- 
Wirtschaft geworden, wie wir sie noch nie erlebt haben. 
Daß unter den Folgen dieser Wirtschaftskrise, die, wie 
nd Kameraden! 
schon gesagt, nicht nur ganz Europa, sondern weit größer» 
Gebiete der übrigen Welt erfaßt hat, und die ihren Aus 
druck findet in der Zahl von 39 Millionen arbeitsloser 
Menschen, die ihren Ausdruck findet im Niederbruch bei 
Industrie, im Zusammenbrechen der großen Banken un!» 
Geldinstitute, die ihren Ausdruck findet darin, daß breit» 
Massen des Volkes in Not, Elend und Hunger versinken, 
unser kleines Oesterreich selbstverständlich noch weitaus 
ungünstigere Folgen zu tragen hat, als dies bei anderen 
Staaten der Fall ist, ist begreiflich. Dieses Oesterreich ist 
politisch und wirtschaftlich in so großer Abhängigkeit von 
den internationalen Vorgängen in der weiten Welt, daß 
jede kleinste Erschütterung im internationalen Leben ihre 
Rückwirkung auf feine Wirtschaft ausübt. Wenn wir nun 
zu der Erkenntnis dieser Tatsachen gekommen sind, dann 
müssen wir zum Ausdruck bringen, daß wir schon aus 
diesen ganz kurz skizzierten Gründen an einer Konsoli- 
dierung ein großes Interesse haben. Aus diesem Grunds 
verweisen wir auch in unseren Resolutionen immer 
darauf, daß die Opfer des Krieges an der friedlichen Aus^ 
tragung bestehender oder auftretender Gegensätze im! 
internationalen Leben interessiert sind. 
In Oesterreich leiden wir aber nicht üur unter den 
Folgen dieser fürchterlichen Weltwirtschaftskrise, sondern! 
auch noch an den Folgen einer anderen Krise, deren Iii' 
fachen ganz wo anders zu suchen sind als die Ursachen, 
die zur Weltwirtschaftskrise geführt haben. Die Ursachevi 
dieser besonderen Krise, unter der Oesterreich noch leidet, 
sind vor allem in dem Auseinanderfalten des großen ein- 
heitlichen Wirtschaftsgebietes zu suchen. Die auf dem 
Boden der österreichischen Republik befindliche Industrie 
ist eingerichtet für ein 59 Millonen-Volk. Der Produk- 
tonsapparat unserer Industrie ist ein so großer, daß er 
ohne weiteres und sehr leicht, ohne noch weiter angespannt 
zu werden, fähig wäre, für ein 59 Millionen-Volk die 
notwendigen Produkte zu schaffen und ein so großes Volk 
reichlich damit zu versorgen. Diese Industrie konnte 
seinerzeit ihre Produkte im Inlande absetzen. Heute ist 
das ganz anders. Diese Industrie hatte in dem ehemaligen 
einheitlichen Wirtschaftsgebiete die Konkurrenz der aus- 
ländischen Industrie nicht zu fürchten. Der heutige Staat, 
in dem wir leben, ist klein geworden. Er zählt nicht mehr 
59 Millionen Menschen, sondern nur mehr sechseinhalb 
Millionen. Aber auf dem Boden dieses kleinen Staates 
befindet sich zum allergrößten Teile die Industrie, die in 
der Vorkriegszeit ein 59 Millionen-Volk zu versorgen 
hatte. Die natürliche Folge dieses Verhältnisses war, daß
	        
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