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Nachrichten
Nr. 7
)ic Unterbreilung von geeigneten Vorschlugen durch den
Reichsbund?
Er wäre doch schon die längste Zeit hindurch in der
Lage gewesen, meritorisch zu den von uns oben bespro¬
chenen Forderuv gen des Zentralverbandes
Stellung zu nehmen. Wir wollen nicht annehmen, daß
dies alles deswegen geschah, um dem Reichsbund die
billige Möglichkeit zu geben, daß erst durch sein Einschrei¬
ten der Minister in die Lage kam, zu erfahren, wie es
den Kriegsopfern geht, und eine Reform des Invaliden-
Entschädigungs-Gesetzes unbedingt notwendig sei.
Im übrigen wollen wir abwarten, wie sich die Dinge
nun, da auch der Reichsbund Forderungen zum Aus¬
druck brachte — die, nebstbei gesagt, einen geistigen Dieb-
stahl bedeuten, da sie einfach vom Zentralverband
abgeschrieben wurden —, entwickeln werden. Der Grin-
zinger tut ja so, e,Is ob nun die X. Novelle schon bald
im Bundesgesetzblatte erscheinen würde. Es ist nur be-
dauernswert, daß der Optimismus eines Grinzinger
unmittelbar nach Erscheinen seines Artikels im „Linzer
Volksblatt" eine arge Enttäuschung erleiden mußte da¬
durch, daß der Minister Resch in einer Unterredung über
die österreichische Kriegsopferfürsorge erklärte, daß die
Zeit noch nicht gekommen sei, um die Wünsche der Kriegs-
opfer erfüllen zu können.
Geradezu wie ein Hohn aber klingt es, wenn, wie
Grinzinger weiterschreibt, der Herr Präsident Brexel in
seiner Schlußansprache besonders an die Volksvertreter
appellierte, sich der berechtigten Wünsche der Kriegsopfer
anzunehmen. Diesen Appell müßte der Herr Präsident
vor allem an sich selbst richten. Wie war denn das Ver-
halten des Volksvertreters Brexel anläßlich der Verhand¬
lungen über die VIII. Novelle zum Jnvaliden-Entschädi-
gungsGesetz? Wir erinnern uns, daß damals ein Volks¬
vertreter namens Drexel Berichterstatter über die Vor-
läge war, und noch immer haben wir nicht vergessen,
daß dieser Volksvertreter damals beantragte, die For-
dernngen des Zentralverbandes als zu weitgehend ab-
zulehnen. Wie war das Verhalten des Volksvertreters
Drexel bei der Verhandlung der IX. Novelle im Parla¬
ment? Auch damals hat dieser Vertreter des Volkes und
Präsident einer Invaliden-Organifation gegen alle Ver-
bessernngsantrage des Zentralverbandes gestimmt. Es
ist schon mehr als kühn, an die Volksvertreter zu appel-
lieren, wenn man selbst als solcher gegen berechtigte For-
derungen der Kriegsopferschaft auftritt. Bei einem solchen
Verhalten hat man das Recht, zu appellieren, Herr Prä-
sident, verwirkt!
Zum Schluß nur noch eine Frage: Der Präsi¬
dent Drexel stellt, wie dies jetzt der Fall ist, For¬
derungen, die in einigen Punkten über unsere Forderun¬
gen hinausgehen, und der Nationalrat Drexel
stimmt dann im Nationalrat gegen seine eigenen Forde-
rungen: Wie nennt man das?
Die Beantwortung dieser Frage überlassen wir der
Kriegsopferschaft, die gewiß die richtige Antwort darauf
finden wird.
Wichtige ßntschewmge« de»
Berwaltungsgerichtshsses.
Wir kommen leider sehr selten in die Lage, über Ent-
scheidungen des Berwaltungsgerichtshofes, die zugunsten
der Kriegsopfer ausfallen, zu berichten, dies deswegen,
weil der Berwaltungsgerichtshof fernab von aller Wirk-
lichkeit über Kriegsopferfchickfale entscheidet und dadurch
zu Auffassungen kommt, die ganz und gar jeden sozialen
Inhalt vermissen lassen. Der Verwaltungsgerichtshof
fleht nur den Akt und nicht den Menschen, über den er
zu entscheiden hat, dadurch kommt es, daß die Kriegs-
opfer die Ausschaltung dieses Gerichtes verlangen.
Doch wir wollen gerecht sein und nicht verschweigen,
daß die Herren des Berwaltungsgerichtshofes manchmal
auch Entscheidungen treffen, die Zeugnis geben, daß nicht
alle Richter dem wirklichen Leben fremd gegenüberstehen
und einige solche Entscheidungen bringen wir unseren
Mitgliedern nachstehend zur Kenntnis.
Zu §30: „Rechtzeitigkeit der Anmeldung beim Vor-
handensein mehrerer Gesundheitsschädigungen."
Hat ein Kriegsbeschädigter eine Kriegsschädigung
rechtzeitig angemeldet, dann muß wohl in der Regel, so-
weit nicht besondere Umstände entgegenstehen, die Ver-
mutung gelten, daß er mit seiner Anmeldung alle Schä-
digungen, die er durch die militärische Dienstleistung er-
litten hat, zur Anmeldung bringen wollen. Han-
delt es sich um mehrere Schädigungen, deren Verschieden-
heit auch dem Laien zweifellos erkennbar sein muß, zum
Beispiel um ein Lungenleiden, und daneben um das Ein-
schlagen der Zähne oder einen Schuß oder Bajonettstich
in den Arm, dann muß allerdings Unterlassung der An-
Meldung angenommen werden, wenn der Geschädigte
bloß das Lungenleiden allein angemeldet, den Zahnver-
lust, Schuß oder Bajonettstich anzumelden aber unter-
lassen hätte. Mndelt es sich aber um Schädigung durch
innere Leiden, von denen nicht zweifellos feststeht, daß
der Laie ihre Begleiterscheinungen auseinanderhalten
konnte, dann muß, falls nicht bloß das angemeldete, son-
dern daneben noch ein zweites inneres Leiden als Kriegs-
folge entstanden sein sollte, angenommen werden, daß
der Anspruchsberechtigte, der das eine Leiden anmeldete,
damit die Gesamtheit der ihm widerfahrenen inneren
Schädigungen habe anmelden wollen. (Erkenntnis vom
21. November 1927, Z. R, 308/1 ex 1027.)
Diese Entscheidung erscheint uns von besonderer Wich?
tigkeit, weil sie besagt, daß, wenn ein Kriegsbeschädigter
ein internes Leiden angemeldet hat, auch ein zweites
ähnliches Leiden, das zwar nicht „wörtlich" angemeldet
wurde, als rechtzeitig mit dem einen Leiden als ange-
meldet erscheint und bei der Zuerkennvng von Ansprü?
chen nach dem Invaliden-Entschädigungs-Gefetz berück?
sichtigt werden muß.
Zu § 31: „Fälligkeitstermin bei Hinterbliebenenrenten."
Die §§ 19 und 23 des Jnvaliden-Entschädigungs-Ge-
setzes bestimmen, daß im Falle des — in ursächlichem
Zusammenhang mit der Militärdienstleistung eingetre¬
tenen — Todes eines Kriegsbeschädigten seine Witwe
Anspruch auf Witwenrente und feine Kinder Anspruch
auf Waisenrente haben. Damit ist gesagt, daß der Tod
des Kriegsbeschädigten die Ansprüche auf Hinterbliebe-
nenrente zur Entstehung bringt, die Erwerbung dieser
Ansprüche herbeiführt, die dann allerdings — bei son¬
stigem Erlöschen — gemäß § 30, Absatz 1, des Invaliden»
Entschädigungs-Gesetzes innerhalb Jahresfrist nach Ein»
tritt des Todes durch Anmeldung (§ 39 des Invaliden»
Entschädigungs-Gesetzes) geltend gemacht werden müssen.
Ist diese Jahresfrist gewahrt, dann hat hinsichtlich der
Frage, von welchem Tage an die Hinterbliebenenrenten
zuzuerkennen sind, die Vorschrift des §. 31 des Jnvali»
den-Entschädigungs-Gefetzes Anwendung zu finden, wo-
nach jede Rente mit dem ersten Tage des auf die Er»
weckung des Anspruches folgenden Monats fällig wird,
d. h. es sind die Hinterbliebenenrenten von dem auf den
Todestag folgenden Monatsersten anzuweisen. (Erkennt-
nis vom 7. November 1927, Z. R. 360/1 ex 1927.)
Diese Entscheidung besagt, daß zwar ein Anspruch
auf Hinterbliebenenrente innerhalb eines Jahres, ge-
rechnet vom Todestage des Kriegsbeschädigten an, ange¬
meldet werden muß, daß aber der Änsallstag der Rente
nicht der Monatserste ist, der der Anmeldung folgt, son-
dern der dem Todestage des Kriegsbeschädigten nächst«
folgende Monatserste.
Beispiel: Der Kriegsbeschädigte G. H. stirbt am