Volltext: Nr. 7 1928 (Nr. 7 1928)

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Nachrichten 
Nr. 7 
)ic Unterbreilung von geeigneten Vorschlugen durch den 
Reichsbund? 
Er wäre doch schon die längste Zeit hindurch in der 
Lage gewesen, meritorisch zu den von uns oben bespro¬ 
chenen Forderuv gen des Zentralverbandes 
Stellung zu nehmen. Wir wollen nicht annehmen, daß 
dies alles deswegen geschah, um dem Reichsbund die 
billige Möglichkeit zu geben, daß erst durch sein Einschrei¬ 
ten der Minister in die Lage kam, zu erfahren, wie es 
den Kriegsopfern geht, und eine Reform des Invaliden- 
Entschädigungs-Gesetzes unbedingt notwendig sei. 
Im übrigen wollen wir abwarten, wie sich die Dinge 
nun, da auch der Reichsbund Forderungen zum Aus¬ 
druck brachte — die, nebstbei gesagt, einen geistigen Dieb- 
stahl bedeuten, da sie einfach vom Zentralverband 
abgeschrieben wurden —, entwickeln werden. Der Grin- 
zinger tut ja so, e,Is ob nun die X. Novelle schon bald 
im Bundesgesetzblatte erscheinen würde. Es ist nur be- 
dauernswert, daß der Optimismus eines Grinzinger 
unmittelbar nach Erscheinen seines Artikels im „Linzer 
Volksblatt" eine arge Enttäuschung erleiden mußte da¬ 
durch, daß der Minister Resch in einer Unterredung über 
die österreichische Kriegsopferfürsorge erklärte, daß die 
Zeit noch nicht gekommen sei, um die Wünsche der Kriegs- 
opfer erfüllen zu können. 
Geradezu wie ein Hohn aber klingt es, wenn, wie 
Grinzinger weiterschreibt, der Herr Präsident Brexel in 
seiner Schlußansprache besonders an die Volksvertreter 
appellierte, sich der berechtigten Wünsche der Kriegsopfer 
anzunehmen. Diesen Appell müßte der Herr Präsident 
vor allem an sich selbst richten. Wie war denn das Ver- 
halten des Volksvertreters Brexel anläßlich der Verhand¬ 
lungen über die VIII. Novelle zum Jnvaliden-Entschädi- 
gungsGesetz? Wir erinnern uns, daß damals ein Volks¬ 
vertreter namens Drexel Berichterstatter über die Vor- 
läge war, und noch immer haben wir nicht vergessen, 
daß dieser Volksvertreter damals beantragte, die For- 
dernngen des Zentralverbandes als zu weitgehend ab- 
zulehnen. Wie war das Verhalten des Volksvertreters 
Drexel bei der Verhandlung der IX. Novelle im Parla¬ 
ment? Auch damals hat dieser Vertreter des Volkes und 
Präsident einer Invaliden-Organifation gegen alle Ver- 
bessernngsantrage des Zentralverbandes gestimmt. Es 
ist schon mehr als kühn, an die Volksvertreter zu appel- 
lieren, wenn man selbst als solcher gegen berechtigte For- 
derungen der Kriegsopferschaft auftritt. Bei einem solchen 
Verhalten hat man das Recht, zu appellieren, Herr Prä- 
sident, verwirkt! 
Zum Schluß nur noch eine Frage: Der Präsi¬ 
dent Drexel stellt, wie dies jetzt der Fall ist, For¬ 
derungen, die in einigen Punkten über unsere Forderun¬ 
gen hinausgehen, und der Nationalrat Drexel 
stimmt dann im Nationalrat gegen seine eigenen Forde- 
rungen: Wie nennt man das? 
Die Beantwortung dieser Frage überlassen wir der 
Kriegsopferschaft, die gewiß die richtige Antwort darauf 
finden wird. 
Wichtige ßntschewmge« de» 
Berwaltungsgerichtshsses. 
Wir kommen leider sehr selten in die Lage, über Ent- 
scheidungen des Berwaltungsgerichtshofes, die zugunsten 
der Kriegsopfer ausfallen, zu berichten, dies deswegen, 
weil der Berwaltungsgerichtshof fernab von aller Wirk- 
lichkeit über Kriegsopferfchickfale entscheidet und dadurch 
zu Auffassungen kommt, die ganz und gar jeden sozialen 
Inhalt vermissen lassen. Der Verwaltungsgerichtshof 
fleht nur den Akt und nicht den Menschen, über den er 
zu entscheiden hat, dadurch kommt es, daß die Kriegs- 
opfer die Ausschaltung dieses Gerichtes verlangen. 
Doch wir wollen gerecht sein und nicht verschweigen, 
daß die Herren des Berwaltungsgerichtshofes manchmal 
auch Entscheidungen treffen, die Zeugnis geben, daß nicht 
alle Richter dem wirklichen Leben fremd gegenüberstehen 
und einige solche Entscheidungen bringen wir unseren 
Mitgliedern nachstehend zur Kenntnis. 
Zu §30: „Rechtzeitigkeit der Anmeldung beim Vor- 
handensein mehrerer Gesundheitsschädigungen." 
Hat ein Kriegsbeschädigter eine Kriegsschädigung 
rechtzeitig angemeldet, dann muß wohl in der Regel, so- 
weit nicht besondere Umstände entgegenstehen, die Ver- 
mutung gelten, daß er mit seiner Anmeldung alle Schä- 
digungen, die er durch die militärische Dienstleistung er- 
litten hat, zur Anmeldung bringen wollen. Han- 
delt es sich um mehrere Schädigungen, deren Verschieden- 
heit auch dem Laien zweifellos erkennbar sein muß, zum 
Beispiel um ein Lungenleiden, und daneben um das Ein- 
schlagen der Zähne oder einen Schuß oder Bajonettstich 
in den Arm, dann muß allerdings Unterlassung der An- 
Meldung angenommen werden, wenn der Geschädigte 
bloß das Lungenleiden allein angemeldet, den Zahnver- 
lust, Schuß oder Bajonettstich anzumelden aber unter- 
lassen hätte. Mndelt es sich aber um Schädigung durch 
innere Leiden, von denen nicht zweifellos feststeht, daß 
der Laie ihre Begleiterscheinungen auseinanderhalten 
konnte, dann muß, falls nicht bloß das angemeldete, son- 
dern daneben noch ein zweites inneres Leiden als Kriegs- 
folge entstanden sein sollte, angenommen werden, daß 
der Anspruchsberechtigte, der das eine Leiden anmeldete, 
damit die Gesamtheit der ihm widerfahrenen inneren 
Schädigungen habe anmelden wollen. (Erkenntnis vom 
21. November 1927, Z. R, 308/1 ex 1027.) 
Diese Entscheidung erscheint uns von besonderer Wich? 
tigkeit, weil sie besagt, daß, wenn ein Kriegsbeschädigter 
ein internes Leiden angemeldet hat, auch ein zweites 
ähnliches Leiden, das zwar nicht „wörtlich" angemeldet 
wurde, als rechtzeitig mit dem einen Leiden als ange- 
meldet erscheint und bei der Zuerkennvng von Ansprü? 
chen nach dem Invaliden-Entschädigungs-Gefetz berück? 
sichtigt werden muß. 
Zu § 31: „Fälligkeitstermin bei Hinterbliebenenrenten." 
Die §§ 19 und 23 des Jnvaliden-Entschädigungs-Ge- 
setzes bestimmen, daß im Falle des — in ursächlichem 
Zusammenhang mit der Militärdienstleistung eingetre¬ 
tenen — Todes eines Kriegsbeschädigten seine Witwe 
Anspruch auf Witwenrente und feine Kinder Anspruch 
auf Waisenrente haben. Damit ist gesagt, daß der Tod 
des Kriegsbeschädigten die Ansprüche auf Hinterbliebe- 
nenrente zur Entstehung bringt, die Erwerbung dieser 
Ansprüche herbeiführt, die dann allerdings — bei son¬ 
stigem Erlöschen — gemäß § 30, Absatz 1, des Invaliden» 
Entschädigungs-Gesetzes innerhalb Jahresfrist nach Ein» 
tritt des Todes durch Anmeldung (§ 39 des Invaliden» 
Entschädigungs-Gesetzes) geltend gemacht werden müssen. 
Ist diese Jahresfrist gewahrt, dann hat hinsichtlich der 
Frage, von welchem Tage an die Hinterbliebenenrenten 
zuzuerkennen sind, die Vorschrift des §. 31 des Jnvali» 
den-Entschädigungs-Gefetzes Anwendung zu finden, wo- 
nach jede Rente mit dem ersten Tage des auf die Er» 
weckung des Anspruches folgenden Monats fällig wird, 
d. h. es sind die Hinterbliebenenrenten von dem auf den 
Todestag folgenden Monatsersten anzuweisen. (Erkennt- 
nis vom 7. November 1927, Z. R. 360/1 ex 1927.) 
Diese Entscheidung besagt, daß zwar ein Anspruch 
auf Hinterbliebenenrente innerhalb eines Jahres, ge- 
rechnet vom Todestage des Kriegsbeschädigten an, ange¬ 
meldet werden muß, daß aber der Änsallstag der Rente 
nicht der Monatserste ist, der der Anmeldung folgt, son- 
dern der dem Todestage des Kriegsbeschädigten nächst« 
folgende Monatserste. 
Beispiel: Der Kriegsbeschädigte G. H. stirbt am
	        
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