Nr. 8
Haschten
Es ist nur selbstverständlich, daß gegen eine solche
Entscheidung Beschwerde erhoben wird und die Schieds-
kommission in allen Fällen der Beschwerbe stattgibt-
Ganz richtig! Der Kriegsbeschädigte konnte doch nidyt
wissen, daß er eine spitalsmäßige Behandlung notwendig
hat und dafür, daß vier bis sechs Wochen verstreichen,
ehe er die Entscheidung zugestellt erhält, kann er erst recht
nicht verantwortlich gemacht werden. Es ist ganz klar,
daß man einen Anspruch auf Heilbehandlung nicht ab-
weisen kann mit einer derartigen Begründung. Als sicher
kann in allen solchen Fällen angenommen werden, daß
das Krankengeld bei Zutreffen aller sonstigen Voraus-
setzungen gebührt, denn wenn es sich um eine leichte
Erkrankung handeln würde, könnte doch die Gesundheits-
abteilung der Landesregierung nfcht eine spitalsmäßige
Behandlung veranlassen. Abweisungen mit obenange-
führter Begründung erfolgen eine ganze Anzahl.
Man könnte sich bei einiger richtiger Anwendung des
Gesetzes eine Unmenge von Rekursen und dadurch ein
ganz erkleckliches Sümmchen an Verwaltungsauslagen
ersparen-
Es gibt aber auch noch einen anderen Abweisungs-
schimmel. Ein lungenkranker Kriegsbeschädigter meldet
einen Anspruch auf Heilbehandlung und Krankengeld
an. Der behandelnde Arzt verordnet eine Liegekur. In
solchen Fällen folgt eine Abweisung mit der Begrün-
düng, daß ein Krankengeld nicht gebührt, weil eine Kon-
trolle über die Einhaltung der Liegekur nicht bestehe.
Dafür, daß eine solche Einrichtung nicht besteht, können
doch die Kriegsbeschädigten nicht verantwortlich gemacht
werden- Das wäre noch das Schönste, dafür, weil der
Staat eine Unterlassung begeht, Unschuldige schuldig wer-
den zu lassen. Auch hier könnten eine Menge Beschwer-
den erspart werden, wenn man nur ein „bißchen" nach-
denken würde.
Es gibt natürlich noch eine Reihe von Abweisungs-
gründen, die bei richtiger Anwendung des Gesetzes nicht
vorkommen könnten und nur eine unnötige Belastung
der Schiedskommission und damit auch eines Teiles des
Personales der I. E. K-, das ohnehin schon weit über
Gebühr belastet ist, bedeuten.
Wir richten daher an alle, die mit den Heilbehand»
lungsagenden betraut sind, das höfliche, aber auch ent-
schieden« Ersuchen, endlich andere Wege zu beschreiten,
nicht nur im Interesse der Kriegsbeschädigten, sondern
auch in dem des Staates. Denn gewiß bedeutet diese Art
der Erledigungen keine Ersparnis von Bundesmitteln.
Ganz im Gegenteil, eine nicht unwesentliche Belastung
des Bundesschatzes, welche a konto Verwaltungsauslagen
gebucht werden müssen, wird dadurch verursacht.
Wir appellieren an das Gerechtigkeitsempfinden ins-
besondere der Gesundheitsabteilung und nicht zuletzt an
die schon so oft bewiesene Einsicht des Herrn Ministerial-
rates Karwinsky.
Wir sind der Ueberzeugung, daß insbesondere der
Appell an die Einsicht des Vorstandes der I. E. K, die-
fer unzweckmäßigen und unnützen Belastung der Schieds-
kommission ein Ende zu bereiten, nicht ungehört verhal¬
len wird.
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Rentenavferttgung
Mit der IX. Novelle wurde der 8 36 des I. E. G. ab¬
geändert und können Invaliden- und Witwenrenten unter
folgenden Voraussetzungen abgefertigt werden:
Der Abfertigungswerber darf das 55. Lebensjahr
nicht überschritten haben und muß den Absertigungs-
betrag benötigen zum Ankauf von Grund und Boden,
zm Abzahlung von Schulden, die auf einem Grundbesitz
lasten, ferners zur Durchführung von Investitionen (grö-
ßere Reparaturen an Häusern, Ausbau von Geschäften
usw.) und Meliorationen (Entwässerung von Wiesen
usw., um ein größeres Erträgnis zu erzielen), zur Be-
schaffung von Produktionsmitteln (Ankauf von Werk-
zeugen zur Ausübung von selbständigen Berufen usw.),
zur Beteiligung an gemeinnützigen Bau- und Wohnungs-
genoffenfchaften, zur Beteiligung an einem Erwerbs-
und Wirtschaftsunternehmen (Eintritt als Teilhaber in
Handelsgesellschaften, G. m. b. H. sowie Aktiengesellchaf-
ten), zur Beschaffung von Studienbehelfen und schließ-
lich zur Errichtung oder zum Betriebe eines Tabak- oder
Stempelverschleißes-
Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist der Ge-
sundheitszustand des Abfertigungswerbers. Bestehen hin»
sichtlich des Gesundheitszustandes ärgttidje Bedenken, sei
es nun, daß das Kriegsleiden ein schwankendes ist (in Be-
tracht kommen hiefür interne Leiden) oder sei es, daß
außer dem Kriegsgebrechen Krankheiten und Gebrechen
vorhanden sind, die in keinem Zusammenhange mit der
Kriegsdienstleistung stehen, so wird die Abfertigung einer
Rente nicht möglich sein.
Als selbstverständlich zu beachten ist es, daß die Be-
willigung einer Abfertigung nur dann gegeben wer-
den kann, wenn zumindest mit einer gewissen Sicherheit
angenommen werden kann, daß die Abfertigung den Un-
terhalt des Rentenempfängers sicherstellt oder erleichtert.
Abgefertigt können nur Invaliden- und Witwenren-
t?" Kin" °'TiForftpin-<n Kaisen- oder Eltern»
renten ist ganz und gar ausgeschlossen.
Zur Gänze kann sie Rente abgefertigt werden bei
einer Erwerbseinbuße von 35 bis 45 Prozent und 45
bis 50 Prozent. Bei einer Erwerbseinbuße von 55 bis
65 Prozent ist die Abfertigung bis zu zwei Drittel und
bei einer solchen von 65 bis 75 Prozent oder von mehr
als 75 Prozent bis zur Hälfte möglich. Auch Blinde und
Hilflose können die Abfertigung erhalten, doch erfolgt
die Bemessung der Abfertigung von der Rente ohne Ein-
beziehung des Blinden-. b*w. Hilflosenzuschusses.
Bisher hatte über die Zuerkennung von Abfertigun-
gen ausschließlich die Schiedskommission zu entscheiden.
Mit 1. Mai b.I. sind die Bestimmungen der IX. Novelle
zum I. E. G. in Kraft getreten, nach denen nur mehr
der Bundesminister für soziale Verwaltung die Entschei¬
dung über Abfertigungen treffen kann.
Ansuchen um Zuerkennung einer Abfertigung sind
bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft (Invaliden-
fürsorge) einzubringen. Von dieser Behörde werden so-
dann alle erforderlichen Erhebungen gepflogen, ob die
Zuerkennung der Abfertigung geeignet ist, den Unterhalt
des zu Abfertigenden sicherzustellen oder zu erleichtern.
Auch ist von der Bezirksbehörde eine Aeußerung der
Heimatsgemeinde des Abfertigungswerbers darüber ein-
zuholen, ob irgendwelche Bedenken gegen eine Abferti-
gung bestehen. Jeder Abfertigungswerber wird einer
neuerlichen ärztlichen Begutachtung unterzogen- Sodann
wird nach Abschluß der eventuell noch notwendigen Er-
Hebungen durch die Invaliden-Entschädigungs-Kommis-
sion der Akt dem Ministerium für soziale Verwaltung
zur Entscheidung vorgelegt.
Sollte sich jedoch bei der aus Anlaß der Abfertigung
durchgeführten ärztlichen Begutachtung eine Aenderung
hinsichtlich der Voraussetzungen des Rentenanspruches,
z. B. Herabsetzung der Minderung der Erwerbseinbuße
oder eine ärztliche Aberkennung des Anspruches ergeben,
so ist die Entscheidung über den Antrag auf Abfertigung
aufzuschieben und das Rentenbemessungsverfahren durch-
zuführen. Nach Abschluß dieses Verfahrens "tft der Ab-