Volltext: Nr. 12 1924 (Nr. 12 1924)

Mr. 12. 
Linz, an» 1. Dezemver 1924. 
Die 8. Novelle für die Negierung ein Geschäft. — Die Frau in der Organisation. — Landest, erbauds-Ausschutzsitzung. — 
Kriegsbeschädigte Bundesangestellte. — Nentenabfertiguug. — Ansprüche anmelden. — Die Zerstörer der Einheit am 
Werke. — Kriegerwitwen-Konserenz. — Agentenunwesen. — Herbstfest der S. Sektion. — Verbands-Angelegenheiten. — 
Auskunftei. — Sterbetafel. — Inserate. 
2. Aayrgang. 
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Es ist noch in aller Erinnerung, wie die Regierung 
anläßlich der Einbringung der VIII. Novelle zum In- 
validen-Entschädigungsgesetz im Parlament eine offi- 
zielle Mitteilung erließ, in der von ansehnlichen Er- 
höhungen der Renten und im besonderen von dem 
Mehraufwand, den die Novelle erfordere, die Rede 
war. Wir, die wir mit den Dingen wohlvertraut sind, 
wußten, wie diese Regierungsmitteilung zu werten 
sei. Die Öffentlichkeit jedoch mutzte die Meinung ge- 
Winnen, daß durch die VIII. Novelle eine ausreichende 
Versorgung der Kriegsopfer eintreten wird und es 
war deshalb notwendig, zu dieser Mitteilung Stellung 
zu nehmen. Das haben wir damals auch getan und in 
einer Pressemitteilung die Auslassungen der Regie- 
rnng auf das richtige Niveau zurückgeführt. 
Inwieweit die Oeffeutlichkeit unseren Erwidern«- 
gen damals Glauben schenkte, können wir nicht be- 
urteilen. Um welche Beträge die Reuten erhöht wur- 
den, ist bereits sichtbar zum Ausdruck gekommen. Wir 
wollen heute davon nicht sprechen! 
Auf einen Umstand wollen wir aber nachdrücklichst 
aufmerksam machen, weil damit geradezu plastisch dar- 
getan werden kann, mit welcher Vorsicht auch Regie- 
rungsmitteilungeu aufzunehmen sind. 
Der Finanzminister hat vor kurzem den Budget- 
eutwurs für 1925im Nationalrat eingebracht. Er hat 
diese Einbringung mit längeren Ausführungen be- 
gleitet und sich auch mit der Kriegsopferfürsorge be- 
schästigt. Den Ausführungen des Ministers ent- 
nehmen wir, daß das Erfordernis für diese Fürsorge 
von 358 Milliarden im Jahre 1924 auf 486 Milliarden 
für das Jahr 1925 gestiegen ist, was namentlich auf 
die Erhöhung der Invalidenrenten zurückzuführen sei. 
Nach den Ausführungen des Ministers Kienböck be- 
trägt der jährliche Mehraufwand 128 Milliarden, dem 
auf der Einnahmenseite ein Betrag von 131 Milliar- 
den gegenübersteht. 
Diese 131 Milliarden Einnahmen hat der Kriegs- 
geschädigtensonds — also die Kriegsopfer selbst — zu 
tragen. Die Regierung hat bei der VIII. Novelle ein 
Geschäft gemacht, weil sie um 3 Milliarden mehr ein- 
nimmt, als der Mehraufwand für die VIII. Novelle 
beträgt. Und nun sage noch jemand, daß diese Regie- 
rnng nicht bereit ist, etwas für die Kriegsopfer zu tun. 
O ja! Wenn die Sache nichts kostet, ist Herr Schmitz 
immer und gerne bereit in sozialer Fürsorge zu 
machen. Aber wenn hiefür die Aufwendungen, die 
dazu notwendig sind, aus Buudesmitteln getragen 
werden sollen, verwandelt sich der Sozialminister zum 
Sanierungsmann und verschwunden ist das vielleicht 
noch etwa vorhandene soziale Denken. 
Wo bleibt der Mehraufwand, von dem hochtönend 
die Rede war? Nein, Herr Minister, es wird ihnen 
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des «anvesvervandes SverSsterreiGS des ÄentralverSanves der «anves» 
orgonifotioiKK der KriegSinvaltven u. Kriegeryintervlieveneu in £ins a. 3>. 
Redaktion, Verwaltung und Expedition: Linz, Promenade II, Tel. 782. — Redaktionsschluß am IS« jeden Monates. 
&vmeint monattitS einmal. JSrei* pro isoo K. 
nicht gelingen, so zu tun, als wenn etwas geleistet 
worden wäre! Das, was die Kriegsopfer mehr be- 
kommen, zahlen sie sich selbst. Das ist die Wahrheit 
und Wirklichkeit und niemand — auch die Regierung 
nicht — wird imstande sein, diese Tatsachen in ihr 
Gegenteil zu verkehren. 
Wir aber werden dafür sorgen, daß dem Recht sein 
Recht werde und nicht eher ruhen, bis dem schreienden 
Unrecht, das man Kriegsopferfürsorge nennt, ein 
Ende bereitet wird. 
Sie Frau in der Srganifation. 
Wiederholt hört man von Witwen, daß sie nur 
Mitglieder des Verbandes sein können, ohne daß sie 
ein besonderes Arbeitsgebiet haben, weil ihre männ- 
lichen Leidensgenossen ihnen die Arbeiten abnehmen. 
Diese Ansicht der meisten Witwen ist falsch. Ge- 
rade die Witwe hat ein großes Arbeitsgebiet in uu- 
serer Organisation. 
Die Witwe, welche am Arbeitsmarkte nicht begehrt 
wird, mutz ihren Existenzkampf auf einen anderen 
Zweig des Erwerbes übertragen. Sie hat die heiligen 
Pflichten einer Mutter, sie mutz für ihre Sprößlinge 
allein sorgen und sieht sich nach Arbeit um, die sie ver- 
gebeus sucht. Kein Unternehmen, am wenigsten der 
Staat, nimmt Rücksicht ans die bedrängte Lage einer 
Kriegerwitwe, kann das Leid einer solchen ermessen. 
Sie sucht sich nun einen Erwerb durch Waschen, 
Putzen, Bedienen, Gelegenheitsarbeiten usw. Trotz 
mühseliger Arbeit, trotzdem sie sich die Hände wund 
reibt, bleibt ihr der Mammon abhold, um sich und ihre 
Kinder zu erziehen, zu ernähren und zu kleiden, wie 
sie es zu Lebzeiten ihres Gatten tun konnte. Schlaf- 
los sind ihre Nächte, der Kampf ums Dasein macht sie 
frühzeitig alt, nimmt ihr die Lebens- und Schaffens- 
frende. 
Ein Funke der Hoffnung fiel in ihr betrübtes Herz 
als im Jahre 1919 ein Juvaliden-Entschädigungsgesetz 
geschaffen wurde, welches ihr und ihren Kindern eine 
für die damaligen, durch den Krieg zerrütteten Ver- 
Hältnisse des Staates hohe Rente gab. Schon glaubte 
sie, das Schlimmste überwunden zu haben. Da trat die 
furchtbare, katastrophale Geldentwertung ein, welche 
die Renten vollkommen unzulänglich machte. Die er- 
reichten Teuerungszulagen konnten der Steigerung 
der Preise auf dem Lebensmittelmarkte nicht Schritt 
halten. 
Nachdem die Krone etwas stabiler wurde und die 
Witwen glaubten, endlich wieder eine sichere Rente 
zu erhalten, setzte die Genferei ein, nach welcher Oester- 
reich vorgeschrieben wurde, wieviel es ausgeben darf. 
Die Renten wurden darnach eingerichtet. Die wirt- 
fchaftliche Lage verschlechterte sich mit jedem Tage. Die 
Kameradinnen suchten nun Hilfe bei der Organisa¬
	        
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