Volltext: Nr. 8 1924 (Nr. 8 1924)

V.b. b. 
Nachrichten 
Ses «andeSvervandes» SverösterreisHS des Äentrawervande-s Sex Landes- 
srganifatione« See KriegSinvattven u. Kriegerytntervlievenen in £itis a. W. 
Redaktion, Verwaltung und Expedition: Linz, Promenade 11, Tel. 782. — Redaktionsschluß am IS. jeden Monates. 
Erscheint monatlich einmal* WreSS pro Gtiirt isoo ss. 
Mr.T. 
DßWz, SSM 1. MZZßMW 1924. 
2. Sayrgang. 
Zum zehnten Jahrestag. — Die Entrüstung der Kriegsopfer. — Die Vorlage iwer die VIII. Novelle zum Invaliden- 
«DWUUWNTL Entschädigungs-Gesetz vom Nationalrat angenommen. — Das Neunziger Gesetz. — Parteipolitik. — Verschiedene 
iuraeejt«*»« Mitteilungen. - Auskunftei. - Sterbetafel. 
Zum zehnten änftrefttaa. 
Zum zehntenmale jährt sich heute der Tag, an welchem 
die furchtbare Tragödie Weltkrieg zum Ausbruch kam. 
Zehn Jahre sind verflossen seit jenen Anglückstagen, wo 
die Menschheit in das fürchterlichste Geschehen, das je- 
mals über sie kommen konnte, hineingezwungen wurde. 
Denn es war trotz allem Äoch-, Äurra- und Keilgeschrei, 
welches durch eine feile, willfährige Presse und von ge- 
wissenlosen Liebedienern systematisch erzeugt wurde, ein 
Zwang, dem die Massen des Volkes Folge leisten mußten, 
weil sie sonst Gefahr gelaufen wären, den „Heldentod" 
schon in der Äeimat zu erleiden. 
Vieles von all dem Fürchterlichen und Schrecklichen, 
das die gepeinigte „Kreatur" Mensch in den vier Mörder¬ 
jahren über sich ergehen lassen mußte, ist in Vergessenheit 
geraten. And obwohl es heißt, daß man alte Wunden 
nicht aufreißen soll, so wollen wir es trotzdem tun. 
Wir wollen es tun mit der Absicht und in der Äoff- 
nung damit beizutragen, daß die Menschheit in Zukunft 
vor solchen Schmerzen bewahrt bleibe. Wir betrachten es 
nicht nur als eine Ehrenpflicht im Sinne der Völker- 
Versöhnung zu wirken, sondern wir wissen auch was der 
Krieg bedeutet, weil wir als Kriegsinvalide die Wir- 
kungen und Folgen des Krieges am eigenen Leibe ver- 
spürt haben und sind deshalb die größten Feinde eines 
Krieges. 
An diesem Tage wollen wir uns aber auch all der 
körperlichen und seelischen Leiden erinnern, die wir erleiden 
mußten; wir wollen uns all der Unterdrückungen erinnern, 
die wir einem fluchwürdigen System zu verdanken hatten; 
wir wollen uns all der schmachvollen Erniedrigungen erinnern, 
denen wir unsere Menschenwürde zum Opfer bringen mußten; 
wir wollen uns all die entsetzlichen Stunden erinnern, an 
denen wir den Todesqualen ausgesetzt waren, wir wollen 
uns an die fürchterlichsten Stunden unseres Lebens er- 
innern, wo die Nachricht vom „Heldentod" des Gatten, 
Vaters, Sohnes und Bruders eintraf und wir unter 
diesen Entsetzensbotschaften zusammen zu brechen drohten. 
Wir erinnern uns aber auch aller jener Menschen, die 
mitschuldig wurden an dem Ausbruche des Weltkrieges 
und geloben uns dabei, nie und nimmer zuzulassen, daß 
diese Anseligen jemals wieder über uns herrschen sollen. 
Ansere alten Mütter, gramgebeugt und sorgenerfüllt, 
erinnern sich mit Wehmut und tiefem Schmerz ihrer 
Söhne, die sie einstens unter ihrem Äerzen trugen und 
die — die einen fast noch im Kindesalter, die anderen in 
der Reife ihrer Jahre — hingemordet wurden, und nun 
weit weit draußen in fremden Landen im Massengrabe 
modern. 
Ansere Waisen, die ihren Vater nicht mehr kennen 
lernten, weil der grausame Krieg ihnen denselben vor- 
zeitig entrissen und sie ihres Ernährers beraubte, werden 
einstens fluchen über diese Schreckensjahre, wenn sie er- 
kennen lernen, wer an ihrem Anglück und verlorenen 
Kinderfreuden schuldig ist. 
Zehn Jahre liegen hinter uns, seit die Welt zum 
Tollhaus wurde und die Menschheit dem blutigen Moloch 
Krieg zum Opfer fiel. Zehn Jahre! Eine kurze Spanne 
Zeit im Leben des Menschen und doch welch riesenhafte 
Veränderung in der Geschichte der Völker ist vor sich 
gegangen. Tausende und abertausende von Menschen 
stiegen hinab ins Grabesdunkel, wurden gemordet für ein 
Phantom. Angezählte Millionen von Kriegskrüppeln 
schreiten kärglich und kümmerlich sich fortbringend und 
ihrer Lebensfreuden beraubt, durchs Leben, das mehr ein 
Vegetieren als ein Leben ist. 
Alte Privilegien wurden gestürzt. Die Völker durch 
die Schule des Leidens gehärtet und im Denken revolu¬ 
tioniert, entledigten sich ihrer Peiniger und nahmen ihre 
Geschicke selbst in die Äand. Schwer noch seufzt die 
junge Demokratie unter den Nachwirkungen des Krieges und 
eines brutalen Imperialismus. Schweres, furchtbar schweres 
haben wir noch zu tragen. Erst langsam und allmählich 
beginnt der Druck zu weichen, der noch auf der ganzen 
Welt und zwischen den einzelnen Völkern lastet. Langsam 
nur gelingt es der Sonne des Friedens sich durchzu¬ 
ringen. Doch sie muß und wird kommen!
	        
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