Volltext: Nr. 5 1923 (Nr. 5 1923)

Nachrichten 
des Candes-Uerbandes Oberöfterreicb des Zcatral-ücrbandes der Haides- 
orgaHifafioiiu der Wegsinvaliden u. Hinterbliebenen VNerreicbs in Linz a. v. 
erscheint monatlich einmal. 
Redaktion, Verwaltung und Expedition: Linz, Promenade Nr. 11. 
Preis pro Stück isoo Rs\ 
Redaktionsschluß am 18. jeden Monats. 
Kr. § 
Lins, am i. September 192$. 
!. Zsdrgsng 
jHUS dem Inhalt: Eine brutale Tat der Regierung. — Kriegsbeschädigtenfürsorge und Sanierung. — 10 Millionen Kriegskrüppel. — 
Voraussichtliche Auslagen ans dem Gebiete der Kriegsopferfürsorge für das Jahr 1923. — Nie wieder Krieg. — Die Vollzugs- 
anweifung über die Kündigung von Tabakverfchleißgefchäften aufgehoben. — Einreihung einiger Gemeinden in höhere Orts- 
klaffen. — Verschiedene Mitteilungen. — Verbandsangelegenheiten. — Antworten der Redaktion. 
Zur gefälligen Beachtung! 
Unicrer heutigen Auflage lind Erlagscheine beigeschlossen 
und wolle der Hbonnementsbeitrag für die ausftändißcn Monate 
bis Hnde Dezember 1923 eingezahlt werden. 
Die Verwaltung. 
Zur Mfhevung der CrafiKenverordnung. 
ünferer heutigen Nummer liegen Refolutionen bei, welche 
in den Monatsveriarnrnlungen zu beschliehen und dann direkt 
an die Bundesregierung in Wien einzusenden find. Der Name 
der Ortsgruppe und der Cag der Proteftuerfammlung iit einzu¬ 
tragen und die Refolution von einigen Mitgliedern zu unter¬ 
zeichnen. Zeder Ortsgruppe Pflicht ift es, den schärfsten Protest 
gegen diesen Rechtsraub zu erheben. Keine Ortsgruppe Wiehe 
fid) aus. 
Die beschlossenen Resolutionen sind an den Bezirks- 
uertrauensmann einzusenden. Dieser überreicht die Resolutionen 
mit einer Deputation an die Bezirkshauptmannschaft zur (veiter- 
leitung an die Bundesregierung. 
Eine brutale tat der Regierung. 
Unsere „invalidenfreundliche" Regierung hat gegen die 
Kriegsopfer einen neuen Schlag geführt. Die im Jahre 1919 
erlassene Vollzugsanweisung übet: die Kündigung von Tabak- 
Verschleißgeschäften wurde, ohne die Jnvalidenorganisationen 
auch nur zu verständigen, einfach über Nacht aufgehoben. Wir 
wurden erst durch die Presse darauf aufmerksam gemacht. 
Unser Zentralverband in Wien mußte es durch die „Wiener- 
Zeitung" erfahren. 
Es ist geradezu ein Skandal, wie jetzt mit den Kriegs-" 
opfern umgegangen wird. Bisher war die Möglichkeit offen, 
auf Grund der erwähnten Verordnung so manchen der Unglück- 
lichen dieses Weltkrieges eine Existenz zu schaffen. "Wenn es 
auch sehr schwer war, allen Voraussetzungen hiefür zu ent¬ 
sprechen, insbesondere war es immer und immer wieder die 
leidige Frage der Lokalbeschaffung, so konnten wir doch einer 
Anzahl von Kriegsopfern zu einem menschenwürdigen Dasein 
verhelfen. Doch noch warten Unzahlige auf die Verleihung 
einer Trafik und alle jene sind nun wieder um eine Hoffnung 
-ärmer geworden. So schaut die Fürsorge der christlichen Re- 
gierung für die Opfer dieses Weltverbrechens aus. Vergessen 
sind all' die Worte, die gerade jene Kreise, die heute die 
Regierung ausmachen, den in's Feld ziehenden Männern zn- 
gerufen haben, vergessen sind all' die Trostworte, die man der 
schmerzerfüllten Mntter, die um den Verlust ihres Sohnes 
weinte, vorgesprochen hat. Wahrlich, eine derartige Rücksichts- 
losigkeit hätten wir von Seite der Regierung nicht erwartet, 
obwohl wir schon eine gewiße Erfahrung besitzen. Daß man 
sich mit einer derart brutalen Tat, die ihresgleichen suchen 
muß, au den armen Kriegskrüppeln versündigen kann, haben 
wir tatsächlich nicht für möglich gehalten. 
Wir waren immer der Meinung, daß das Bundes- 
Ministerium für soziale Verwaltung geschaffen wurde, die Rechte 
der arbeitenden und schaffenden Bevölkerung nud auch der 
Kriegsopfer zu wahren. Nun machen wir die Erfahrung, daß 
dieses Ministerium zu einem Schutzhort der wirtschaftlich 
Starken geworden ist und anstatt sich als Anwalt der Armeu 
und Bedrückten zu bewähren, zu einem sicheren Zufluchtsort 
der Reichen nn) Mächtigen gewandelt hat. 
Jeder anständig denkende Mensch, der sich noch ein 
bischen soziales Gefühl bewahrt hat, muß sich aufbäumen 
gegen diese Ungerechtigkeit und Schamlosigkeit, die das Bundes- 
Ministerium für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundes- 
Ministerium für soziale Verwaltung sich durch die Aufhebung 
der Kündignugsvollzugsauweisnng zu Schulden kommen ließ. 
Ja. Herr Seipel macht sein Wort vom Abbau der 
revolutionären Errungenschaften zur Wahrheit. Auch die ärmsten 
Opfer des Krieges müssen an diesen Abbau glauben. Dafür 
ein Import an ausländischen Beratern! Zuerst den Herrn 
Dr. Zimmermann als Generalkommissär, dann einen Berater 
für das Eisenbahnwesen, einen Berater für die Natwnalbank 
und vorläufig als Letzten einen Berater für die Tabakregie. 
Es ist doch sehr angenehm, von den Dingen, die im Namen 
der Sanierung gemacht werden, die Schuld von sich abzu¬ 
wälzen und die schwer betroffenen Massen der Bevölkerung 
damit zu beruhigen, daß man einfach die Berater vorschieb!. 
Wenn der Herr Allibrandi aus dem Lande der Faszisten keine 
besseren Saniernngsmaßnahmen für die Tabakregie zu machen 
versteht, als die ihm von Herrn Schmitz suggerierten, wäre 
es wohl besser gewesen, sich in seiner Heimat im Faszismus 
zu üben. 
Darum, ihr Kriegsopfer, erkennet Eure Freunde! Ihr 
seht wie brutal Eure Rechte abgebaut werden. Es kann gegen 
eine solche Rücksichtslosigkeit keine andere Losung geben, als 
ihr deu schwersten Kampf anzusagen.
	        
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