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Vor mir liegt das Tagebuch des Comte Jerome de
Grevillion. Daß ich je in den Besitz dieses seltsamen Buches
gelangen könnte, hätte ich mir nie gedacht. Nun liegt es aber
vor mir — schwarzes Juchtenleder mit schweren, goldziselierten
Beschlägen und Verschluß. Es duftet stark und lockt, es auf—
zuschließen. In diesem Buche hoffe ich vieles zu finden, was
mir fehlt, um den ganz unaufgeklärten Fall Grevillion-D'Mf
zu ergründen. Alle Zeitungen in Paris waren seinerzeit an—
gefüllt von diesem mysteriösen Ereignis. Ich befasse mich als
Amateur seit Jahren damit. Fälle dieser Art, wenn sie un—
aufgeklärt bleiben, zu erforschen. Das Zeitungsinteresse hält ja
nie lange vor, und viele Begebenheiten, die erst alles in Auf⸗
ruhr versetzten, sterben dahin, weil keine Aufklärung kommt,
und die Gesellschaft begnügt sich damit, zu sagen, „das ist eben
einer der seltsamen Fälle, für die es keine Erklärung gibt“.
Der Satz mit der Schulweisheit wird zitiert und man geht
mit einem Achselzucken zur Tagesordnung über. ...
Ich will hier nur das Wichtigste aus den Zeitungen
wiedergeben:
Paris 18
19. Mai.
Rätselhaftes Verschwinden einer Dame der Gesellschaft.
Am I18. Mai dieses Jahres wurde die bekannte und
berühmt schöne Prinzessin D'Vyf in ihrem Himmelbett, das
eigentlich ein kunstvoll ausgestatteter Diwan war, „scheinbar“
tot aufgefunden. Die Prinzessin, welche sehr großes Haus führte,
lebte in letzter Zeit sehr zurückgezogen. Es gehörten zu ihrem
ausschließlichen Verkehr in letzter Zeit ein paar junge Aristo—
kraten und Ausländer, der bekannte Diplomat Comte Jerome
de Grevillion und ein Doktor dreier Fakultäten. Letzterer,
James Wester, war einige Tage vor dem Tod der Prinzessin
bei derselben, dem sie, da sie sich sehr schwach und kränklich fühlte,
ihr Testament diktierte, mit dem ausdrücklichen Wunsch, daß nur
der Testamentsvollstrecker Doktor Wester und die in Betracht
lommenden Erben von dem Inhalt erfahren sollten, da sie
ganz allein stünde, und keinerlei Verwandte irgendwelche An—
sprüche haben.