19
ist nach ihrem Tod spurlos verschwunden. Alle Bemühungen
der Polizei blieben fruchtlos. Wester war außer sich über den
Leichtsinn Cesars und hatte ihn ganz eigenmächtig, ohne mein
Wissen, entlafsfen. Statt seiner ist nun ein junger, mir nicht sehr
sympathischer Diener bei mir. Er ist aber so nett und tüchtig,
daß ich in meiner Schwäche keinen Grund zur Entlassung
finde. Wester selbst hat mich so rührend gepflegt, daß ich ihm
keinen Vorwurf über sein rasches Handeln machen will, er wich
ja kaum von meinem Krankenlager, und ihm allein verdanke
ich daher auch meine körperliche Genesung.
14. Juni.
Doktor Wester hat mir, heute das Originaltestament
D'Mfs gebracht und eine Abschrift davon hier gelassen. Ich
war noch. nicht imstande, es zü lesen. Ich erfuhr, daß Bill, mein
Diener, der Vertraute und Kammerdiener D'fs war. Ex, ist
als zweiter Zeuge im Testament mit unterschrieben. Diese
Neuigkeit macht mir Bill natürlich unwillkürlich sympathischer.
Ich hätte es schmerzlich gern, wenn er von D'Mf spräche.
Aber ich kann meinen Diener doch nicht nach der geliebten
Toten ausfragen. Von selbst spricht er nicht. Er ist überhaupt
sehr angenehm still; was mich ein wenig stört, ist seine kon—
stante Heiserkeit. Wester und ich sprechen aber um so öfter hyon
ihr. Ich habe jetzt, wo es zu spät ist, viel von meiner Zurück—
haltung und Scheu gegen ihn abgelegt. Heute glaube
ich, sie war sicher auch ganz unberechtigt.
WVon Genevidve getraue ich mich fast gar nicht zu sprechen
ich benahm mich sehr häßlich gegen das feine, liebe Mädchen.
Wester ließ niemand bei mir vor, als ich so schlimm danieder—⸗
lag, und als ich langsam wieder zu Verstand kam, war sie mir
so fremd geworden, daß ich Wester bat, er als Rechtsanwalt soll
in meinem Auftrage an den Baron schreiben, daß ich als kranker.
gebrochener Mann mich nicht getraue, Auspruch auf Genevieves
Hand zu erheben. Wester hatte sämtliche Zeitungsausschnitte
gesammelt und für mich aufgehoben. Ich war ihm für sein nach⸗
drückliches Dementi sehr dankbar. Der Brief an den Baron
— Antwort. Er ist mit seiner Tochter von Paris ab—
gereist.
So bin ich nun wirklich ein einsamer Mann geworden
ohne Lebensenergie und Freude am Dasein.
15. Juni.
Ich habe das Testament gelesen und lege es hier den Tag⸗—
buchblättern bei.
Paris 188
m