Volltext: Die gelbe Maske [310/311]

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Brief danke. Morgen um zehn Uhr am hinteren Gittertor des 
GBartens in meinem Palast. Glaube an meine Aufrichtigkeit, 
Nanina, so wie ich stillschweigend und unbedingt an Dich 
glaube.“ Nachdem er diese Zeilen geschrieben hatte, nahm er 
von seiner Kette einen kleinen Schlüssel, wickelte ihn in das 
Briefchen und drückte ihr das Päckchen in die Hand. Ganz 
gegen seine Absicht behielt er ihre Hand in der seinen und 
wollte eben von neuem anfangen, zu ihr zu sprechen, als das 
Mädchen, das ihm gerade abwinken wollte, ihre Hand plötzlich 
sinken ließ. Gleichzeitig erblaßte sie und blickte unverwandt 
üher den Tisch weg. Er wandte sich um und sah eine weibliche 
Maske allein im Zimmer stehen. Sie war vom Kopf bis zum 
Fuß ganz in Gelb gekleidet. Sie hatte eine gelbe apuze auf 
dem Kopf, eine gelbe Halbmaske vor dem Gesicht (mit langen 
Spitzen, die bis über ihren Mund reichten) und einen gelben 
Domino anm, der an den Enden der Aermel und am Saume in 
lange, zungenartige Spitzen auslief, die beim leisesten Luftzug 
wie Flammen mächtig hin und her flatterten. Die schwarzen 
Augen des Weibes schienen mit unheimlichem Glanze aus den 
Löchern der Maske hervorzuleuchten; und das dünne Spitzen⸗ 
zeug vor ihrem Munde wehte langsam bei jedem Atemzug, 
den sie tat, hin und her. Ohne Wort und ohne Zeichen stand 
sie plötzlich vor dem Tisch und heftete ihre glühenden Blicke 
auf Fabio, sobald dieser sie ansah. Ein balter Schauer überlief 
hn plötzlich, als er gewahr wurde, daß das Gelb, welches die 
jeltsame Maske trug, genau dasselbe war, das seine Frau für 
Vorhänge und Möbel ihres Lieblingszimmers gewählt hatte. 
„Die Gelbe Maske!“ flüsterten die Mädchen, sich ängstlich 
hinter dem Tisch zusammendrängend. „Wieder die de— 
Maske!“ 
„Sprich sie an!“ 00 
„Biete du ihr irgendeine Erfrischung an !! 
„Der Herr wird sie vielleicht fragen. Sprechen Sie sie 
an, Herr. Bitte, sprechen Sie sie an! Sie schleicht wie ein Geist 
in diesem schrecklichen gelben Gewande herum.“ 7 
Fabio sah sich gedankenlas nach dem Mädchen um, das 
ihm diese Worte zuflüsterte. Im selben Augenblick sah er, daß 
Nanina noch immer, das Taschentuch vor die Augen gedrückt, 
mit abgewandtem Gesichte dastand. Sie kämpfte sichtlich noch 
mit der Aufregung, welche die plötzliche Begegnung ihr ge— 
bracht hatte, und war daher wahrscheinlich die einzige im 
Zimmer, welche die Gelbe Maske noch nicht erblickt hatte 
„Sprechen Sie sie an, Herr. Bitte, sprechen Sie sie an!“ 
flüsterten zwei Mädchen zu gleicher Zeit. J 
„Fabio drehte sich wieder um. Die schwarzen Augen 
starrten ihn immer noch hinter der gelben Maske an. Er nicke
	        
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