Volltext: Die gelbe Maske [310/311]

— 
im Pisa nur finden konnte, ausgezeichnet gedeihe. Von seinem 
höflichen kleinen Freund aus Florenz hatte er seit Monaten 
nichts mehr gehört. Die Nachricht, die er noch erhalten hatte, 
daß Nanina bei einer der angesehensten Damen von Florenz 
im Dienste stehe, enthob ihn aller Sorge, die er sonst um 
Hretwillen gehabt hätte. Er machte niemals den Versuch, sich 
vor ihr zu vechtfertigen; er verlangte nur, daß sein über— 
höflicher kleiner Besucher aus früheren Tagen ihn verständige, 
falls das Mädchen jemals die neue Stelle verlassen sollte. 
Vater Roccos Bewunderer sagten, als sie die Veränderung 
in seiner Lebensweise bemerkten und die stetig wachsende Ruhe 
seines Gehabens, daß er mit zunehmendem Alter immer mehr 
über den Dingen dieser Welt stünde. Seine Feinde (denn selbst 
Vater Rocco hatte Feinde) entblödeten sich nicht, zu behaupten, 
daß die Veränderung seines Wesens entschieden ein böses 
Zeichen sei und daß er, zu jenen Leuten gehöre, denen man 
am wenigsten trauen dürfe, wenn sie sich am unterwürfigsten 
zeigten. Der Priester selbst beachtete seine Lobredner ebenso⸗ 
wenig wie seine Ankläger, Nichts vermochte die Regelmäßig— 
keit und strenge Ordnung seiner täglichen Gewohnheiten zu 
stören, und der wackerste Klatsch, obwohl er ihn oft zu über— 
raschen versuchte, verschwendebe alle Mühe stets vergebens. 
So lebte Vater Rocco von der Zeit an, da seine Nichte 
gestorben war, bis zur Rückkehr Fabios nach Pisa. 
Es war eine natürliche Folge der Dinge, daß der Priester 
beinahe der erste war, der den jungen Edelmann in seinem 
Palast aufsuchte und ihn willkommen hieß. Was bei dieser 
Unterredung zwischen den beiden vorgefallen war, konnte 
niemals genau in Erfahrung gebracht werden; aber man er— 
bannte gar bald, daß irgendeine Meinungeverschiedenheit sie 
entzweit hatte, denn Vater Rocco wiederholte seinen Besuch 
nicht wieder. Er beklaͤgte sich nicht über Fabio, sondern stellte 
einfach fest, daß er etwas gesagt hatte, das er zum Besten des 
jungen Mannes gemeint hätte und das nicht richtig auf— 
genommen worden war, und daß er es für wünschenswert hielt, 
alle weiteren Mißverständnisse dadurch zu vermeiden, daß er 
sich einfach nicht mehr im Palaste sehen ließe. Darüber waren 
die Leute nicht wenig erstaunt. Sie hätten sich sogar noch mehr 
gewundert, wären sie nicht von dem Ereignis des Masken— 
balles in Anspruch genommen gewesen, das sie auch hinderte, 
ein anderes seltsames Geschehnis — das sich an die Person des 
Priesters knüpfte — zu bemerken. Einige Wochen nach der 
Unterredung mit Fabio kehrte Vater Rocco eines Morgens zu 
seiner alten Beschäftigung als Bildhauer zurück und öffnete 
die lang verschlossen gebliebenen Türen des Ateliers seines 
Bruders.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.