Volltext: Die gelbe Maske [310/311]

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Rocco schloß die Tür hinter ihnen zu, setzte sich auf, den einzigen 
Sessel, der im Zimmer war, und winkte Nanina, sich neben ihn 
auf den Schemel zu setzn. 
Glaubst du, mein Kind, daß ich dein Freund bin und dir 
wohl will?“ fing er an. 
„Mein bester und gütigster Freund,“ antwortete Nanina. 
„Dann hör geduldig an, was ich dir zu sagen habe, und 
glaub' mir, daß ich nur dein Bestes will, selbst wenn meine Worte 
dich betrüben sollben.“ Nanina wendete den Kopf ab. „Sag' 
mit vor allem, ob ich recht habe, wenn ich sage, daß meinds 
Bruders Schüler, der junge Edelmann, den wir Signor Fabio 
nennen, heute bei dir auf Besuch war.“ Nanina sprang er— 
schreckt vom Schemel auf. „Setz' dich wieder hin, mein Kind, ich 
will dich nicht tadeln, ich bin nur gekommen, um dir zu sagen, 
was du in Zukunft tun mußt.“ J 
Er faßte sie bei der Hand; sie war kalt und zitterte heftig. 
3Iœch will nicht fragen, was er dir gesagt hat,“ fuhr der 
Priester fort, „es könnte dir schwer fallen, mir zu antworten. 
Außerdem weiß ich, daß deine Jugend und Schönheit einen 
starken Eindruck auf ihn gemacht haben. Ich will dir nun meiner⸗ 
seits folgendes sagen: Nanina, mein Kind, nimm all deinen 
Mut zusammen und versprich mir, noch bevor ich heute von hier 
ehen werde, daß du Signor Fabio nie mehr wiedersehen 
willst.· —W 
Nanina wandte sich schnell um zu ihm und sah ihn mit 
einem Ausdruck ungläubigen Entsetzens an. 
„Du bist noch sehr jung und unschuldig,“ sagte Vater 
Rocco, „aber du mußt doch sicherlich schon vorher an den 
Unterschied zwischen dir und Signor Fabio gedacht haben. Es 
muß dir doch sicherlich schon eingefallen sein, daß du tief unten 
in den Reihen der Armen stehst, während er zu den Reichen 
und Eingebornen gehört““ U 
Nanina ließ ihren Kopf auf die Knie des Priesters sinken 
und begann bitterlich zu weinen. 8 
yast du nicht schon früher daran gedacht 2“ fragte Vater 
Rocco nochmals. J 
Oh, ich habe gar oft und oft schon daran gedacht!“ 
flüsterte das Mädchen. „Ich habe mein Los beklagt und viele 
Nächte heimlich darüber geweint. Er sagte mir heute, daß ich 
bleich und krank und betrübt aussehe; und ich habe ihm ge—⸗ 
antwortet, daß dies der Grund sei, und ich immer, nur daran 
denken müssel!“ 000 
„Und was hat er darauf geantwortet?“ 
Die Frage blieb unbeantwortet. 
„Komm,“ sagte Vater Rocco, ihre Hand fassend,“ sprich 
offen mit mir. Sag' mir, was du deinem Vater und Freund
	        
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