Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

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heftigen Ostwinde getrieben gegen die Hintere Stadt sich wälzte, und in kurzer Zeit 
80 Häuser, darunter auch die zierliche St. Sebastianskirche, in Flauunen setzte; 
theils vom Feuer beschädiget, theils vollends in Brandstätten verwandelt wurden, 
nach den dermals laufenden Nummern die Häuser von 40 bis 124 mit nur wenigen 
Ausnahmen; doch erhoben sie sich bald wieder aus dem Schutte.') 
Schärdiug, seit dem Jahre 1248, wenige Unterbrechungen abgerechnet, unter 
der Herrschaft der Wittelsbacher-Regenten, hatte innigen Antheil an den freudigen, 
wie drangvollen Schicksalen des Bayerlandes und seiner Fürsten, denen es seine 
Privilegien, seine Wichtigkeit, sein Wachsthum zu verdanken hatte; doch war es 
auch der edle Habsburger Herzog Rudolf IV., welcher die Schärdiuger wegen ihrer 
bewiesenen mannhaften Tapferkeit mit jenen Privilegien auszeichnen zu müssen glaubte, 
wie sie die Städte des Landes ob der Ens damals genossen. 
Weil Schärding nahe an der Gränze des österreichischen Ländergebietes 
gelegen, zudem durch seine geographische Lage als Strompaß und als Festung 
strategische Wichtigkeit hatte, auch das hiezu gehörige Herrschaftsgebiet, weil gut 
cultivirt, eine bedeutende Revenue abwarf, so war es oftmals der Zankapfel zwischen 
Bayern nnd Oesterreich sowohl, als zwischen den nutztheilenden bayerische» Fürsten 
selbst; daher die vielen Bedrängnisse, Belagerungen, feindlichen Occnpationen, Con- 
tributiouen, Plüuderuugeu u. dgl., von welchen Heimsuchungen der Ort jedoch bald 
wieder zu neuem Flor und Wohlstand sich erhob. 
Die Glanzperiode Schärdings, sowohl in strategischer, als in gewerblich- 
kommerzieler Beziehung fällt in das 15. und 16. Jahrhundert; aus jener Zeit 
stammen die theilweise noch vorhandenen Mauern, Thürme und Gräben um Schloß 
und Stadt; in jener Zeit erhielt die Stadt rücksichtlich der Anlage des Markt¬ 
platzes, der Gassen und vieler Bauwerke ihre jetzt noch ersichtbare Gestalt; aus 
jener Zeit rühren die geistlichen und milden Stiftungen; damals blühten reich- 
snndirte Zechen und Bruderschaften, und es war der Communal- und der Familieu- 
Haushalt so wohl versichert. 
J) Hiezu mag folgender Vorfall erwähnt werden: Die Stadt Straubing hatte für die 
durch Brand Verunglückten zu Schärding eine namhafte Brandsteuer zusammengebracht; dieses 
Geld, weil für eine ausländische Stadt bestimmt, mußte den Weg über Wien und durch die 
Hände mehrerer Controlsbeamten nehme», ehevor es den Schärdingern zugewendet wurde; in 
Wien war diese Brand-Eoüekte in die Hände eines nicht gewissenhaften Beamten gerathen» 
welcher nach Schärding 70 Gulden als Collektenbetrag zusendete. Die Bürgerschaft Schärding 
stattete in einem verbindlichen Schreiben an die Stranbinger den pflichtschuldigen Dank für die 
zugemittelten 70 Gulden ab; die Straubiuger brachten in einer Gegenschrift in Erinnerung, daß 
sie nicht 70, sondern 700 Gnlden als Brand-Collekte übermittelt hätten; dieses veranlaßte 
weitere Erörterungen und eine eingehendere Untersuchung des Sachverhaltes, und man kam der 
Veruntreuung auf die Spur; der betroffene Beamte wurde zum Schiffzuge nach Ungarn depor- 
tirt. Tradition. 
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