Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

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vorgefundene Getreide, Mobilar und Wein nach Schärding gebracht; der Neuburger- 
Wald wurde auf's Neue verhaut, worauf der Churfürst in aller Stille wieder auf¬ 
wärts gegen Donauwörth zog, um sich mit den Franzosen zu vereinigen. Hiedurch 
wurde die Gränze gegen Passau und gegen das Land ob der Ens auf's Neue den 
Invasionen der Kaiserlichen blosgestellt, die auch nicht säumten, starke Kontributionen 
auszuschreiben, und einzelne Plünderungszüge in das bayerische Gebiet zu unternehmen. 
Im Monate Juni rückte der Churfürst mit seinen Truppen nach Tirol, um 
sich mit dem französischen Heere, das in Italien vorwärts drang, in Verbindung 
zu setzen, und dann mit vereinten Kräften die österreichischen Erblande angreifen zu 
köuueu. Vor diesem Zuge aber sorgte der Churfürst für seine Gränzen zur Ver¬ 
theidigung und selbst zum Angriffe; er berief eine Menge Bauern zusammen, die mit 
Muth noch mehr aber mit Haß gegen die Kaiserlichen erfüllt, die Lieferungen nach 
Passau verweigerten und verhinderten, neue Schanzen auswarfen, oft in das Land 
ob der Ens einfielen und plünderten, später aber von General Schlick, der gegen sie 
anrückte, in die Enge getrieben wurden. 
Der Feldzug nach Tirol selbst fiel für den Churfürsten unglücklich aus; er 
mußte sich zurückziehen, verlor die Hälfte feiner Truppen, und rettete sich selbst nur 
mit Lebensgefahr aus den Bergen von Tirol nach Bayern, so daß sich die Nachricht 
verbreitet hatte, der Churfürst sei todt. 
Im Monate August 1703 übernahm General Reventlan, ein Däne, das 
Kommando über die vereinigten kaiserlichen und dänischen Truppen, und am 14. d. M. 
bewerkstelligte er von Roith aus einen neuen Einfall in das bayerische Gebiet über 
Zell, Rab und Tanskirchen; auf diesem Zuge wurden die Kirchen zu Jebling, Taus- 
kirchen und Reinbach rein ausgeplündert; einige Soldaten streiften auch nach 
St. Marienkirchen, brachen in die Kirche ein, wurden aber dort von den recvgnos- 
cirenden bayerischen Husaren gefangen und nach Schärding abgeführt. Eine Menge 
Vieh wurde weggetrieben, Weibspersonen genothzüchtiget, viele mißhandelt und ver¬ 
stümmelt, einige erschösse». Die weitere Route wurde daun über Eiseubiru nach 
Passau genommen, und weil man besorgte, Schärding könnte diesmal von den 
Kaiserlichen attaquirt werden, so wurden deßhalb alle Schützen nach Schärding 
einberufen. 
Schon etwas früher hatte General Graf v. Tattenbach aus verschiedenen 
Orten die Besatzungen herausgezogen, sie in ein Corps, in der Stärke von 3000 Reitern 
und einiger Infanterie vereiniget, und sein Hauptquartier zu Schärding aufge¬ 
schlagen, Willens, von da in das Land ob der Ens einzufallen und war wirklich 
bis Ried vorgerückt, war aber eben durch das Einrücken der Kaiserlichen unter 
Reventlau über die bayerische Gränze zum Rückzüge nach Schärding genöthiget 
worden. *) 
l) Graf v. Tattenbach schrieb aus Schärding an seine Frau Mutter: „3000 Reiter 
„sammt einiger Infanterie habe er bereits versammelt; die Frau Mutter werde nächstens ver-- 
„nehmen, wie ihr Sohn in Oberösterreich eingefallen und sich vielen Ruhm erworben habe." 
Dieser Brief wurde aufgefangen. 
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