Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

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Vertretung auf der gegenüber dem Hochstrahlbrunnen errichteten Estrade, und es 
hielt Herr Bürgermeister Pfliegl an die zahlreiche Menge eine Ansprache in schwung¬ 
vollen Worten?) 
i) Die Ansprache des redegewandten Bürgermeisters war folgende: 
„In wenigen Tagen sind es zwei Jahre, daß die Stadt Schärding ein bedeutungs¬ 
volles und hochwichtiges Fest feierte; es war dieses die Eröffnungsfeier unserer Hochquellen- 
Leitung, die gewiß allen unvergeßlich bleiben wird, die daran Theil genommen haben. Ein 
freundlicher schöner Tag verherrlichte damals unser Fest, und tief ergriffen waren wir alle, als 
unter dem Geläute der Glocken und unter Freudenschüssen das für uns so hochwichtige Werk 
seine Funktionen für immerwährende Zeit begonnen hat, wußten wir ja doch, daß nun in sanitärer 
Beziehung, in Bezug auf die mögliche Sicherheit bei Feuersgefahr, und in Betreff der Annehm¬ 
lichkeit, die in diesem Falle dem Herrn wie dem Diener gleich zu statten kommt, das Höchste 
geschaffen wurde, was geschaffen werden kann. Seit jenem Tage sind zwei weitere Jahre der 
Arbeit und Mühe für Schärding dahingegangen. In dieser Zeit boten die Straßen der Stadt 
das Bild der Verwüstung. Wochen und Monate lang konnten die Bewohner der Stadt nur 
unter großen Hindernissen an ihren Bestimmungsort gelangen. Was Wunder nun, wenn wir 
Alle mit Freude des Tages gedachten, an welchem wir alP die Unordnung und Plage hinter 
uns, und ein geordnetes, fertiges Bild vor uns haben werden. 
Heute begrüßen wir nun diesen Tag, an dem wir freudigen Sinnes zurückblicken auf 
die drei abgelaufenen Jahre der Mühen, Sorgen und Opfer, um nach dem alten Spruche: 
„nach gethaner Arbeit ist gut ruhen" ein fröhliches und vergnügtes Schlußfest zu feiern. Zu 
diesem Feste haben wir nun alle unsere Freunde und Bekannte von Nah und Fern eingeladen, 
nicht, um uns mit dem, was da geschaffen wurde, zu prahlen, sondern daß sie Zeugen sein 
mögen unserer Freude und Eintracht, der wir allein dieses gemeinsame Werk zu verdanken haben. 
Wohl sind in den letzten drei Jahren große Anforderungen an all' die Hausbesitzer gestellt 
worden; denn kaum war der Bau der Wasserleitung beendet, so mußte schon betreffs der Her¬ 
stellung der Trottoirs wieder an sie gegangen werden, und ich halte es heute für meine Pflicht, 
allen meinen verehrten Mitbürgern an dieser Stelle für alle Opferwilligkeit, sowie für ihr stets 
rücksichtsvolles und freundliches Entgegenkommen den wärmsten Dank auszusprechen. Ich ver¬ 
binde mit diesem Danke den aufrichtigen Wunsch, daß es allen vergönnt sein möge, sich noch 
recht viele Jahre der Errungenschaften für die dargebrachten Opfer, und dieser Zeit, in der es 
uns gegönnt ist, das Erworbene und Ersparte zu unserer Annehmlichkeit und Bequemlichkeit 
verwenden zu dürfen, sich zu erfreuen, was leider bei unseren Vorfahren nicht der Fall war. 
Dieselben durften und konnten nicht auf Annehmlichkeit und Bequemlichkeit denken; sie hatten 
andere größere Sorgen; sie mußten mühevoll wieder zu erringen suchen, was der blutige Krieg 
im ersten Decenninm dieses Jahrhunderts zerstörte und vernichtete; sie mußten ihre Ruinen 
wieder zu bewohnbaren Häusern umgestalten, und mußten arbeiten und darben, um wieder zu 
erwerben, was sie auf so grausame Weise verloren hatten. Trotzdem aber vergaßen dieselben 
auch das Große und Gemeinsame nicht, wofür unser erhabenes Gotteshaus das sprechendste 
Zeugnis giebt; prachtvoll, wie es vor uns steht, hat es sich in den Zeiten der Noth und Armuth 
aus den Ruinen emporgehoben, um für alle Zeiten Zeugnis für den edlen Gemeinsinn und die 
Thatkraft unserer biederen Vorfahren zu geben. Ebenso haben dieselben unsere reich dotirten 
Stiftungen trotz vieler Drangsale aufrecht erhalten und nach Kräften gefördert, und wir dürfen 
uns glücklich schätzen, wenn wir einst als ihre ebenbürtigen Nachfolger würdig erachtet werden. 
Heute aber, an diesem unseren Freuden- und Festtage, an dem es sich wohl geziemt, 
Rückschau auf die vergangenen Zeiten zu halten, drängt es mich ganz besonders, unserer ge¬ 
liebten Vorfahren in ehrfurchtsvoller Pietät zu gedenken. Dieselben würden sich ja gewiß auch 
mit uns freuen, wenn sie sehen würden, wie aus der Stadt der Ruinen eine Stadt gestaltet 
wurde, die den Anforderungen unserer Zeit entspricht. —
	        
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