Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

— 293 — 
machung der Bürger, d. i. die Errichtung einer Nationalgarde aus den Elementen 
des Bürgerstandes, des Besitzes und der Intelligenz in's Leben, und wurde auf 
150 Mann gebracht, unter den Auspickn und der Leitung des Franz Salzinger, 
vormaligen k. k. Offiziers, zum Dienste eingeübt, armirt und montirt. Den 
21. Oktober wurde das Weihfest der für diese Nationalgarde Bestimmte«, von der 
Fahnenmutter Crescentia Wernspacher gespendeten Fahne, unter Theilnahme von 
Garden aus Ried, Obernberg, Braunau, Passau, Griesbach und Rotthalmüuster 
und verschiedener Deputationen, im Beisein einer beträchtlichen Volksmenge, unter 
freudigem Jubel begangen, und die Stadt prangte bei diesem Anlasse im herrlichen 
Festgewande. 
Indessen war schon am 25. April 1848 die Konstitutions - Urkunde 
erschienen, und hatte bei Vielen aufrichtige Freude erregt; deuu die darin aus¬ 
gesprochene Verfassung war wirklich freisinnig; wohl hatte das Wahlgesetz seine 
Mängel, und eben dieses war den Revolutions-Agitatoren ein genügender Anlaß, 
die verliehene Charte, wie selbst die gute Gesinnung des Kaisers und seines Hofes 
wie nur möglich zu verdächtigen; auch sollte der Adel aufgehoben, die Armee, die 
Bürger demokratifirt, der Klerus niedergetreten, der Landmann verführet, der Pöbel 
aufgereizt werden, um den Thron leichter zu stürzen. So wurde am 15. Mai eine itcuc 
Revolution in Wien vorbereitet, welche die Zurücknahme der gegebenen Koustitutious- 
Akte, und das Zugeständnis? ertrotzte, daß der nächsthin einzuberufende Reichstag 
für einen konstituireude u erklärt werde. Die verletzende Art und Weise, wie 
diese Konzessionen dein gütigen Monarchen abgetrotzt wurden, wie selbst das geheiligte 
Hausrecht misbrancht worden war, bewog den Kaiser, am 17. Mai Wien zn ver¬ 
lassen, und über Wels, Salzburg nach Innsbruck sich zu entfernen, um die Freiheit 
iiitd Sicherheit seiner Person uud seines Wirkens zu retten, und inmitten seiner 
treubewährten Tyroler wieder frei aufzuathmen. Dieses Ereignis brachte Viele 
für einige Zeit zur Ernüchterung. 
Mit banger Besorgnis blickten helldenkende Patrioten in die Zukunft, und 
stellten sich bei dem wühlerischen Treiben der Beweguugs- uud Umsturz-Partei die 
Frage: „was das noch werden sollte? wie mau noch wohnen könne iu einem Staats¬ 
gebäude, an dem bereits Dach und Stützen eiugerisseu warnt ? wie mau sich vor 
dem unvermeidlich drohenden Einstürze retten möge?" Ueber dieses Alles waren 
die Leidenschaften entfesselt, und machten sich vielfach in Wort und Schrift Luft; 
der Pöbel erging sich in Muthwillen, in Frechheit, in Drohungen gegen die Be¬ 
sitzenden, gegen alle gesetzlichen Autoritäten. Die Gesinnungen Vieler, sonst für 
ehrenhaft gegoltener Männer wurden damals offenbar; es war gefährlich, ein freies 
Wort zu sprechen. 
Ant 26. Mai war in Wien abermals Tumult, und mit großen Lärmen 
wurde der konstituireude Reichstag begehrt; in den Straßen erhoben sich zum ersten 
Male Barrikaden; überhaupt das Vorspiel des 6. Oktobers! Im Monate Juni 
begannen die Deputirteu-Wahleu zum konstitnirenden Reichstag; der Vorgang, wie 
die Elemente zu demselben ausgewählt wurden, war für die Patrioten wenig
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.