Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

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Die Schärdingcr entschuldigten sich über diesen Punkt damit, daß sie nicht 
Ordnung vorschreiben wollten, sondern weil der Kirchherr die Rathsherren an 
ihrer Ehre angetastet und sie vor der Bürgerschaft verächtlich gemacht habe, 
wollten sie sich deshalb des Rathssitzes entäußern, weil er vorgebracht habe: 
„Wie die Alten heulen, so singen die Jungen, und es gehe zu wie iu der 
„Fabel, wenn ein Lahmer zu tanzen anfange, so springen ihm die Geraden nach und 
„vor Zeiten habe man nicht so junge rotzhafte Leute, sondern alte verständige 
„Männer in den Rath genommen"; um der Uneinigkeit und des Ungehorsames 
zwischen Obrigkeit und den Untergebenen zu steuern, haben sie zu ihm abgeordnet, 
und um Abstellung ansprechen lassen. 
Und weil der Spitalbeuesiciat bei dem Pfarrer Eisenmann im Parrhofe 
gewohnt, und den Pfarrer oft in der Kirche vertreten habe, so haben sie ihm dieses 
verwiesen, und ihm aufgetragen, daß er sich in seine Wohnung begebe und seines 
Amtes in der Spitalkirche abwarte; weil er aber keine Folge gegeben, so haben 
sie ihn bei der Regierung zu Burghausen verklagt und von dorther sei der Regi¬ 
mentsbefehl erflossen. 
Auf den Vorwurf, daß an Sonn- und Feiertagen die Kramläden eröffnet, 
gekauft und verkauft werde, entschuldigen sich die Schärdinger dahin, daß bis nach 
Singzeiten und fast bis 12 Uhr die Läden zugehalten, darnach aber gleichwohl 
eröffnet, und den Bauersleuten verkauft, jedoch das Fürhängen und Ausstellen nicht 
gestattet werde; doch habe die Commission das Widerspiel hievon gesehen, darum 
dem Bürgermeister solches verwiesen und abzustellen befohlen. Es wurde den 
Schärdingern besohlen, wegen des Tages, an welchem im Beisein des fürstlichen 
Kommissärs, der alljährlich zur Bestätigung der Rathswahlen nach Schärding 
kommt, die jungen Bürger das Glaubensbekenntnis — professio Fidei — ablegen 
sollten, mit dem Pfarrherrn sich zu verständigen, dem sie aber nicht nachgekommen sind. 
Obwohl speciell kein Anhänger der lutherischen Lehre genannt zu werden 
vermag, so steht doch der Verdacht fest, daß der lutherische Irrthum bei den 
Schärdingern noch keineswegs ausgerottet, und obschon sie die österliche Beicht und 
Kommunion verrichten, so zeigen sie sich, ungeachtet dieses Simulirens, vielfach der 
lutherischen Lehre zugethan und behalten die ketzerischen Bücher zurück, anstatt solche, 
den Befehlen gemäß, nach Burghausen einzuschicken. 
Die Schärdinger klagen bitter über des Pfarrers Unbescheidenheit, nicht 
nur im Predigen, sondern auch, daß er die von Alters her üblichen Pfintztag- 
predigten und die Fastenpredigten nicht mehr halte, auch den Kinderlehren wenig 
und schlecht obliege; übrigens sei seinem und der übrigen Priester Wandel nichts 
vorzuwerfen, doch aber wird über die oftmalige Verwechslung der Cooperatoren 
geklagt.x) 
1) Was des Pfarrers Person anbelangt, begutachten die Commissare, so sei zu be¬ 
sorgen, daß er wenig Frucht mehr schaffen werde; er möge anderswohin befördert, seine Stelle 
aber mit einem tauglicheren, im Predigen besser begabten, sittsamen, exemplarischen und ver¬ 
ständigen Priester versehen werden.
	        
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