Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

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wehre, so wie mit der unter dem Major Radetzky von Braunau anrückenden Avant¬ 
garde eiligst über Taufkirchen nach Linz zu retiriren. 
Am Vormittage des 27. April war Marsch all Massena, der vom Kaiser 
Napoleon den Befehl erhalten hatte, mit den Divisionen Boudet, Legraud, Carrou 
St. Cyr, und einer Division von Ondinot längs der Donau über Straubing schnell 
nach Passau und Linz zu marschiren, um dem Erzherz og Karl auf allen Ueber- 
gangspnnkten zuvorzukommen, selbst in die Stadt gekommen, und hatte sein Haupt¬ 
quartier in dem vom Brande verschont gebliebenen Bräuhause des Josef Weismann, 
heute Nr. 110, genommen; dieses kam daher, weil er schon im Jahre 1805 ans seinem 
Durchzuge, von den Bräuersleuten, wie von deren schönen Tochter Maria — nach¬ 
maligen Gattin des Schisfmeisters Lüfteuegger tu Linz — überaus gut und freund¬ 
lich bewirthet worden war; dafür war er nun so artig, und befahl seinen Kano¬ 
nieren, in der Richtung dieses Hauses hin nicht zu schieße»; dagegen erhielten die 
Häuser der vorderen Stadt die verdoppelte Ladung; somit blieb Massena's frühere 
Wohnung, wie auch das Kapuziner-Kloster verschont. 
Der feindliche Marschall ging nun daran, der verbrannten und geplünderten 
Stadt noch ein Erkleckliches an Requisitionen aller Art unb an Kontributionen auf¬ 
zubürden. Der k. k. Landrichter Gaugl hatte sich noch bei rechter Zeit geflüchtet, 
und der Landgerichts-Controlor Ferbinanb Stöger hatte sich währenb bes Braubes 
mit seiner Familie nach Weizenau geflüchtet. Der Marschall, als er vernahm, daß 
kein Maire vorhanden sei, gerieth in Zorn, und drohte, wenn nicht schleunigst der 
Maire herbeigeholt würde, die Stadt ber Erbe gleich zu machen, unb alles über 
die Klinge springen zu lassen. 
Durch ausgesandte Ordonanzen wurde Stöger in bie Stabt geschafft, 
freilich in einem etwas komischen Costüin,v) so baß ber Marschall, als er seiner 
ansichtig geworben, laut auflachcnb fragte, ob bas bie Robe sei, in ber hier zu 
Laube die Maires erscheinen? Stöger, hierüber verletzt, antwortete: „Nein, Herr 
Marschall, das ist die Uniform, die uns Ihr Kaiser hat anziehen lassen!" Der 
Marschall, gespannt auf bie Antwort, bie ihm nicht durch ben Dolmetsch, ben Bier- 
bräuer Anton Wiettinger, sondern burch einen junge» französischen Lieutenant mit¬ 
getheilt würbe, maß nun ben Stöger einen Augenblick vom Kops bis zum Fuß, 
unb bedeutete ihm, er sei sehr kühn; doch er — Marschall — verzeihe ihm, weil 
er sehe, baß ihm arg mitgespielt worben sei. 
Daraus warb ihm bedeutet, sich niederzusetzen, unb zu schreiben, was ihm 
diktirt würbe.» 
Es war das Verzeichnis der Lebensrnittel, die binnen 12 Stunden herbei¬ 
geschafft werden sollten, und einer (Kontribution an Geld. Anfangs schrieb Stöger 
mit anscheinender Geduld, was Anton Wiettinger seufzend verdolmetschte. Als aber 
i) Plündernde Soldaten hatten den Controlor seiner Kleider und Stiefel beraubt, und 
ihm nichts übrig gelassen, als Hose und Hemd, wozu ein Paar Holzschuhe in würdiger Weise 
die Toilette vollendeten.
	        
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