Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

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Dem Kaiser Josef II. folgte, weil kinderlos, in der Regierung der öster¬ 
reichischen Erbstaaten, wie auf dem deutschen Kaiserthrone, dessen Bruder Leopold II. 
bisher Großherzog von Toskana, welcher durch feine weise Mässignng und Friedens¬ 
liebe die vielen Gefahren, welche der Monarchie von Außen, wie von innen her 
drohten, wieder glücklich vorüberführte. Mit der Türkei wurde Friede geschlossen, 
und das Eroberte zurückgegeben (1791), Ungarn beruhiget, der Aufstand in den 
Niederlanden gedämpft*), die Aufregung in den übrigen Provinzen beschwichtiget, 
und zwar dadurch, daß manche harte Anordnungen Josefs aufgehoben, oder um¬ 
geändert, und manches auf den alten Fuß wieder hergestellt worden war. So trat 
in Oberösterreich die vou Kaiser Josef II. aufgehobene ständische Verfassung wieder 
in Wirksamkeit, und die Stände des Jnnviertels wie auch die Städte Schärding, 
Braunau und der Markt Ried wurden in die oberösterreichische Landschaft aufgenommen, 
und erhielten wie die Magistratualeu der übrigen landesfürstlichen Städte Sitz und Stimme 
auf den Landtagen. Die österreichische Monarchie war wieder geordnet, fest und kräftig 
gerüstet gegen die Stürme, welche von Westen her, Deutschland, ja Europa, bedrohten. 
Denn in Frankreich war die große, furchtbare Revolution ausgebrochen, 
welche einen gänzlichen Umsturz alles Bestehenden, und eine Umwälzung in Europa, 
aber auch einen fürchterlichen, 23 jährigen Krieg herbeiführte. Die Aufregung der 
Franzosen wurde immer ärger, selbst König Ludwig XVI., welcher die Schwester 
Kaiser Leopolds II., Maria Antoinette, zur Gemalin hatte, wurde sammt seiner 
Familie in seiner Freiheit, in seinem Leben bedroht. 
Gegen diese gefährlichen Umtriebe nun, um seinem königlichen Schwager 
Beistand und Freiheit gegen die revolutionäre Herrschaft des National-Conventes 
zu verschaffen, hatte Kaiser Leopold II. mit Preußen Rüstungen gegen Frankreich 
verabredet, und sich zum großen Kampfe vorbereitet, als er unerwartet am 1. März 
1792, 45 Jahre alt, vom Tode dahin hinweggerafft wurde, und seinem älteren 
Sohne Franz die Regierung und einen weitaussehenden Krieg hinterlassen mußte.2) 
x) Im Jahre 1790 hatten über Schärding hinaus, durch Deutschland, Durchmärsche k. k. 
Truppenmassen stattgefunden, die zur Dämpfung des Aufruhres in den Niederlanden beordet waren. 
Schon einige Jahre früher hatten gleichfalls bedeutende Truppenmärsche nach den Niederlanden 
stattgefunden; die Zahl der in Schärding beqnartirten kaiserlichen Truppen betrug mehr als 
200.000 Mann. Magistrats-Archiv Schärding. 
2) Das große Weltereigniß der französischen Revolution beurtheilte Churfürst Karl 
Theodor von Bayern richtiger, als so viele große Staatsmänner seiner Zeit. „Nähere sich keiner 
dem Vulkan", sagte er, „er möge sich in sich selbst vergehen". In dieser Absicht strebte er, die 
Fürsten Deutschlands von einem Reichskriege gegen Frankreich abzumahmen. „Ist die Staats¬ 
veränderung für die Franzosen wohlthätig, so mische sich keine fremde Macht darein; ist sie 
ihnen verderblich, so werden sie früher oder später die königliche Gewalt selbst wieder Herstellen. 
Krieg aber wird alle Parteien Frankreichs unter dieselbe Fahne versammeln; man sperre lieber 
die Gränzen, und lasse keinen Franzosen auf deutsche Erde, er sei Royalist oder Republikaner." 
Würde man seinem Rathe gefolgt haben, vielleicht hätten die Ereignisse eine ganz andere Wendung 
genommen. Die Revolution hätte sich, wie die englische, auf Frankreich beschränkt, und wir 
hätten die gewaltsamen, die europäischen Staaten treffenden Umkehrungen und verheerenden 
Kriege nicht zu bedauern. A. Buchner's Geschichte von Bayern. IX. Band, Seite 329.
	        
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