Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

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mehr gegeben werden; viele Feiertage wurden abgeschafft, und damit kein Geld in 
das Ausland getragen werde, und die Unterthanen zu Hause bei der Arbeit blieben, 
wurden die Wallfahrten nachAltöting, Maria-Zell, Maria-Hilf bei Paffan n. s. w. 
untersagt, die vielen Kreuzgänge und Prozessionen abgestellt, und die Hebertreter 
dieses Verbotes mit Geld und Arrest bestraft. *) 
Diese und derlei Verordnungen, die oft in's Kleinliche gingen, und die 
von rücksichtslosen Bureaukraten^)--glaubenslosen Aufklärern und Freigeistern — 
nnt Härte und frevelndem Hohne durchgeführt wurden, erzeugten viel böses Blut, 
und riefen eine große Aufregung unter der Bevölkerung hervor, weil eben das 
religiöse Gefühl derselben durch die Uebereiluug und durch die gewaltigen Mittel 
bei der Durchführung der kirchlichen Reformen tief verletzt worden war. 
Ebensowenig glücklich war der Kaiser in der Durchführung der politischen 
Reformen; es war nicht zu verkennen, daß er ernstlich, und in bester Absicht das 
Gute wollte, und sein Augenmerk auf das Wohl seiner Unterthanen und deren Auf¬ 
klärung gerichtet war; und in der That hatte Oesterreich in materieller Beziehung 
nie glückseligere Zeiten erlebt; Ackerbau, Industrie und Handel hoben sich und blühten; 
die Lebensmittel waren wohlfeil, und das Geld ronlirte unter den Leuten, der 
Staatsschatz war gefüllt, das Militär gut exereirt und bestellt; gleichwie er von den 
Reichsfürsten gefürchtet war, so wurde er von einem großen Theile seiner Unterthanen 
hochgeschätzt. Weil er aber bei der Ausführung feiner Reformen nicht selten in der 
Wahl der Mittel und Personen fehlte, zu rasch vorging, mit einem Schlage neue 
Zustände schassen wollte, die historischen, altverbrieften Rechte der Stände und der 
Korporationen nicht berücksichtigte, und auch nicht erkennen wollte, daß die Völker 
Oesterreichs für das Verständnis mehrerer feiner Reformen nicht reif waren, so 
scheiterten die meisten derselben an dem Widerwillen des Volkes; da er alle Nationen, 
die unter seinem Scepter standen, unter eine gleiche Regierungsverfassung und Rechts¬ 
pflege bringen, und so eine einheitliche Monarchie gründen wollte, was bei dem 
großen nationalen Unterschiede der Bewohner Oesterreichs einmal nicht durchführbar 
war, so machte er sie fast alle schwierig, und sah sich genöthiget, viele dieser feiner 
Anordnungen zu widerrufen. 
Anch die Innviertler Stände beklagten lange noch ihre Trennung vom alten 
Muttertande, und konnten sich selbst nach mehr als einem Jahrzehnte mit den 
neuen Einrichtungen nicht befreunden. Unter dem 5. Mai 1790 baten sie den Kaiser 
i) Vor dem Jahre 1785 wurde die Frohnleichnamsprozession von der Stadt Schärdina 
aus nach St. Florian gehalten; seit der Lostrennung von St. Floriau zu einer eigenen Pfarre, wurde 
die Prozession im sogenannten Stadelfelde gehalten; heutzutage bewegt sich die Prozession inner- 
halb der Stadt selbst. 
m . ,2}. Vornehmlich war es der k. k. Regiernngsrath, Valentin Eybel, ein verbissener 
Steligionssturmer und Spötter, der gerade nicht auf die gewissenhafteste Weise Kirchengüter in« 
tamenrtc, und Kirchenpriitiosen sich zueignete, der selbst Moral und Dogmen vor sein Forum 
zog Der Pfarrer zu Schärding predigte einst: „Seine Pfarrkinder sollen in ihrer Pfarrkirche 
zur -eiligen Kommunion gehen"; Eybel verurtheilte den Pfarrer Kreuzmayer wegen dieses Passus 
zu einer Strafe von 24 Gulden. 
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