Volltext: Aus der Vergangenheit der Pfarre Putzleinsdorf im Mühlviertel

Pfarrkirchen und Putzleinsdorf nach 
Sarleinsbach und zurück besorgte. 
 
3. Kapitel. 
 
Kirchliche Verhältnisse. 
 
Das kirchliche Leben zeigte in der 
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eben¬ 
so wie das wirtschaftliche einen starken 
Niedergang. Jetzt erst wirkten sich die 
Folgen des Josefinismus aus. Treffend 
nennt Hanrieder diese Jahrzehnte in sei¬ 
ner Pfarrchronik eine sterile (unfrucht¬ 
bare) Zeit und schildert sie weiter: „Das 
religiöse Leben lag darnieder. Der Kle¬ 
rus, eingeschüchtert durch den Platzre¬ 
gen von Verordnungen, Bedrohungen 
und empfindlichen Strafen, befliß sich 
der Legalität (Gesetzmäßigkeit) vor dem 
Staate und ließ sich darin begnügen, 
das Volk dagegen hielt verdrossen zu¬ 
rück und verschloß mißtrauisch sein re¬ 
ligiöses Gefühl vor dem rauhen Ein¬ 
griff der Staatsgewalt. Die Opferwil¬ 
ligkeit war geschwunden und es brauchte 
lange, bis sie wieder geweckt werden 
konnte." 
Kollers Nachflg., Matthäus Schulz 
(1807-1816), stammte aus einer fran¬ 
zösischen Auswandererfamilie aus dem 
Elsaß und konnte der Bevölkerung durch 
seine Sprachkenntnisse während der fran¬ 
zösischen Truppendurchzüge manche Dien¬ 
ste erweisen. Unter ihm mußte das ent¬ 
behrliche Silber aus dem Kirchenschatz 
abgeliefert werden, ein Kelch, zwei sil¬ 
berne Kelchfühe und ein Ziboriumfuß 
und eine Monstranze. Sonst ist aus sei¬ 
ner Zeit und der der drei folgenden Vi¬ 
kare: Stefan Baumann (1816-1827), 
Stefan Steininger (1827-1837) und An¬ 
dreas Aichinger (1837-1839) nichts 
Wichtigeres zu erwähnen; es zeigt sich 
auch darin die unfruchtbare Zeit! Der 
Nachfolger Aichingers, Petrus Stadler, 
der zwanzig Jahre in Putzleinsdorf wirk¬ 
te, hatte viele Anstände bei den Behör¬ 
den, besonders bei der Staatsbuchhal¬ 
tung. Er hielt sich nämlich nicht genau 
an ihre kleinlichen Vorschriften und über¬ 
schritt wiederholt das erlaubte Höchst¬ 
maß von Ausgaben für kirchliche Zwek- 
ke. Dafür bekam er öfters verletzende 
Ausstellungen und Verweise in die 
Hand. Stadler nahm sie meist mit 
Gleichmut stillschweigend hin, fuhr aber 
unbekümmert fort, auch weiterhin eigen¬ 
mächtig zu handeln. Manchmal übrigens 
vergalt er derartige Nörgeleien durch 
eine und Antwort. So wurde ihm 
im Jahre 1850 bei Gelegenheit einer 
unbedeutenden Ausbesserung aufgetra- 
 
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gen, bei den Profefsionistenarbeiten auch 
das Materiale nach dem Gewicht anzu¬ 
zeigen und die Wagscheine darüber bei¬ 
zubringen. Stadler lieferte die verlang¬ 
ten Angaben und Ausweise, bemerkte 
aber dazu drollig: „Müssen auch Erde 
und Steine als Material gewogen wer¬ 
den?" — Diese arge staatliche Bevor¬ 
mundung der Seelsorger durch die Be¬ 
amten, die selbst dem schaffensfreudigsten 
Geiste vieles verleiden mußte, fand durch 
das Konkordat (1855) ein Ende. Aber 
zur vollen Entfaltung des kirchlichen Le¬ 
bens war noch ein Hemmschuh zu besei¬ 
tigen, der Liberalismus, der sich auch 
in Putzleinsdorf bei einigen tonangeben¬ 
den Bürgern eingenistet hatte. Dessen 
kirchenfeindliche Stimmung hatte beson¬ 
ders der Vikar Josef Oberlaber (1859 bis 
1862), unter dem der neue Friedhof er¬ 
richtet wurde (1861), aber auch sein Nach¬ 
folger Gustav Fischer (bis 1874) zu spü¬ 
ren. Doch erfolgte unter diesem schon die 
Wendung zum Besseren. Im Jahre 1869 
ließ er durch Redemptoristen aus Puch¬ 
heim eine heilige Misson halten und seit¬ 
dem blühte die echt katholische Glaubens¬ 
betätigung neuerdings auf. 
Der Empfang der heiligen Sakra¬ 
mente hob sich von Jahr zu Jahr, der 
3. Orden erstand wieder und ein Jung- 
frauenbund trat ins Leben, der zur sel¬ 
ben Zeit gegründete katholische Volks¬ 
verein schlug feste Wurzeln. Nach au¬ 
ßen kam der religiöse Aufschwung auch 
in der Zahl der aus der Pfarrei her¬ 
vorgegangenen Priester zum Ausdruck. 
Während in den ersten 75 Jahren des 
vorigen Jahrhunderts sich nur 11 dem 
Dienste des Altares widmeten — übri¬ 
gens ohnehin eine große Zahl im Ver¬ 
gleich mit anderen Pfarreien, — wei¬ 
sen die letzten 25 allein deren 9 aus. 
Dieser Neuaufschwung hielt 
auch unter dem Nachfolger Fischers, 
Norbert Hanrieder, der unter allen 
Pfarrvorständen am längsten in Putz- 
leinsdorf wirkte (1874-1913),1) und un¬ 
ter dem jetzigen Pfarrer, Michael Al¬ 
tendorfer, an und fand durch dreimalige 
Missionen neuerliche Kräftigung (1884, 
1886 und 1899). Im Jahre 1900 wurde 
die Herz Jesu-Bruderschaft eingeführt 
und während des Weltkrieges Jesu-Bruderschaft Jung- 
frauenbund in eine blühende Marianische 
Kongregation umgewandelt (1922 Fah¬ 
nenweihe). Die Opferfreudigkeit in den 
letzten 5 Jahrzehnten mag die Tatsache 
beleuchten, daß von 1864 bis 1911 über 
------- 
1) Über seine Bedeutung als Dichter vgl. Georg 
Preder, N. H. in seinen Dichtungen, St. Pölten 1912.
	        
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