Volltext: Aus der Vergangenheit der Pfarre Putzleinsdorf im Mühlviertel

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ben wurde, dürfte in wenigen Pfarreien 
eine solche Aufregung hervorgerufen ha¬ 
ben wie in Putzleinsdorf. Die erste all¬ 
gemeine Entrüstung löste das Eingreifen 
in die bisher gebräuchliche Kirchenmusik 
aus. Die Akten dafür liegen im Diöze- 
sanarchlv in Linz. Im Jahre 1787 
sandte der Dechant in höherem Auf¬ 
trage die Weisung an den Vikar, es 
dürften nur mehr an den Höchsten Fest¬ 
tagen Hochämter und musikalische Li¬ 
taneien gesungen werden, an den ge¬ 
wöhnlichen Sonntagen und kleineren Fe¬ 
sten solle man „das Normallied" sin¬ 
gen. Daraufhin richtete die Pfarrge- 
meinde ein Bittgesuch ans bischöfliche 
Konsistorium, „mit der demütigsten Bitt 
und Unterwerfung, ihnen gemäss der 
neu herausgekommenen Kirchenordnung 
derlei Musikal-Aemter künftighin zu er¬ 
lauben." Dieses Gesuch war vom 7. 
August 1787 datiert und vom Markt- 
richter Joh. Andre Peyrer, Gmein-Reder 
Ignaz Schraml und 2 Bauern, Peter 
Lang zu Kainerstorf und Matthias Rau¬ 
scher zu Taglesbach, unterfertigt. Be¬ 
gründet haben sie ihre Bitte folgen¬ 
dermaßen : 
"Erstens weil in unserm Markt Putz- 
leinstorf von Erdenklichen Zeiten her 
alle Sonn- und Feiertag ein musikali¬ 
sches Hochamt gehalten worden und wir 
uns derhalben mit Chormusikanten weit 
besser als in manchen großen Städten 
versehen. 
 Zweitens, weil wir gewöhnt sind, 
bei Muslkal-Aemtern eifriger unser Ge¬ 
müt zu Gott zu erheben und weil drit¬ 
tens unser Bauernovlk entweder zum 
Singen des Meßgesanges sich gar nicht 
bequemen will und kann oder statt eines 
einstimmigen Chores ein Ohren beleidi¬ 
gendes Geschrei verursacht, so jeden, der 
aus Brustschwachheit nicht singen (kann), 
sondern beten muß, ganz zerstreut. 
Der also und anderer Ursachen hal¬ 
ber wir noch einmal demütig bitten, uns 
in Sonn- und Feiertagen muß, 
ter zu erlauben." 
Das Gesuch war nicht vergeblich. 
Das Konsistorium sandte am 16. Juli 
folgenden Erlaß an den Dechant: „Da 
Putzlemsdorf eine Marktpfarre ist, folg¬ 
lich für dieselbe die musikalischen Aem=* 
ter vermöge der Gottesdienstordnung 
überhaupt erlaubt sind, so hat Herr De¬ 
chant den dortigen Pfarrvikar hievon 
zu verständigen oder aber die dagegen 
obwaltenden Bedenken einzuBerichten." 
, Tatsächlich! rechtfertigte der Dechant 
sein Vorgehen am 7. [August mit nach¬ 
stehendem Schreiben: „Unterzeichneter 
ist unterm 9. Mai 1785 von einem 
hochwürdigen Konsistorium selbst belehrt 
worden, datz die Instrumental-Musik auf 
oern Lande durchaus abgeschafft (wer- 
den) und nur in Städten und gröbe¬ 
ren Märkten statt haben solle. Nun ist 
Putzlemsdorf der kleinste Markt, Aigen 
und Sarleinsbach die größten im Deka¬ 
nate: tn den 2 letzteren aber ist be¬ 
reits das Normallieb als bie wahre Art, 
Mesie zu hören unb mit dem Priester 
zu opfern, mit gutem Erfolg eingeführt. 
Daher, glaubte das Dekanat, daß auch 
Putzletnsdorf sich tonformieren möge. 
Sc. Btschöfl. Exzellenz haben bei vor¬ 
genommener Visitation dieses Normal- 
Iteb bei allen Gelegenheiten dringendst 
anempfohlen. 
.. . Will also ein Hochwürdiges Kon¬ 
sistorium bte Instrumentalmusik nun er- 
lauben, so wirb sich der Unterzeichnete 
wohl nicht widersetzen: seine Pflicht ist 
nur vorstellig zu machen, baß die Gleich¬ 
förmigkeit int Gottesdienste von der 
otunde gehoben (aufgehoben) und daß 
etn Dechant auch mit ben anbefohlenen 
Jiuralkapiteln nichts ausrichten wird, 
wenn er nicht anberst unterstützt wird: 
wie auch, daß bei erlaubter Musik (bei 
Aemtern) nach und nach auch bie musi¬ 
kalischen Litaneien bort und da (sich) 
einschleichen werben, da das Volk nicht 
begreifen sann, warum nur musikalische 
Aemter unb nicht auch musikalische Li¬ 
taneien, im voraus (besonders) wo solche 
gestiftet waren, erlaubt sein sollen. 
Um aber näher zur Sache zu kom¬ 
men, was zu Putzleinsdorf in der Tat 
(geschehen) unb im Ernste zu ahnden 
wäre, ist, daß 
1. sowohl an Pfingsten als am 15. 
Juni m festo s. Viti Kirchenpatrons 
allda, etne musikalische Vesper abgehal¬ 
ten worden, 
2. daß unweit Putzleinsborf eine 
Kapelle, Brünnel genannt, gleich einer 
Wallfahrt sich befindet, wo am 2. Iuli 
das Patrozinium mit Amt und Predigt 
ist begangen worden. 
3. daß die Aussetzung des Hochwür- 
digsten Gutes nicht beim pfarrlichen Got¬ 
tesdienst. sondern bei der Frühmesse ge¬ 
halten werde, welches der Pfarrmenge 
unlieb ist und Anlaß geben mag, die 
Frühlehre auszulassen." 
 Daraufhin sandte das Orbinariat 
dem Dechant folgende Erledigung der 
Angelegenheit: „Dem Ordinariat würde 
es zwar zum Wohlgefallen gereichen,
	        
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