Volltext: Aus der Vergangenheit der Pfarre Putzleinsdorf im Mühlviertel

1729 bis 1781 erhalten) erst 1 fl. 47 
kr. 3 Pf. auf als Kassarest. Bei dieser 
Rechnung allein ist auch die Mitglieder¬ 
zahl angegeben (Brüder und Schwestern 
zusammen 148), ihr Mitgliederbeitrag 
betrug in Summa 5 fl. 36 kr. 3 Pf. 
Die Bruderschaft leiteten der jeweilige 
Vikar als Präses und ein Rektor aus 
den Mitgliedern selbst (wiederholt der 
Marktrichter). Die Kasse verwaltete ein 
eigener Verwalter, die schriftliche Ausar¬ 
beitung der Jahresrechnungen dürfte 
aber wohl immer, wie einmal ausdrück¬ 
lich angegeben ist, der Marktschreiber 
gemacht haben. Die Bruderschaft feierte 
besonders das Schutzengelfest (Titelfest) 
und das des Hl. Michael (zweites Schutz-, 
fest). Besonders zum Titelfest wurden 
regelmäßig auch fremde Geistliche zur 
Aushilfe im Beichtstuhl eingeladen (3 
oder 4, einmal sogar 5), mehrmals wer¬ 
den ausdrücklich Kapuziner von Passau 
genannt. Der Sakramentenempfang 
scheint also bei dieser Gelegenheit hübsch 
groß gewesen zu sein, die Bruderschafts¬ 
rechnungen weisen auch regelmäßig viele 
kleine Hostien, einmal 2000, aus. Beim 
Hauptfest wurde ein feierlicher Umzug 
mit dem Allerheiligsten gehalten und 
dabei von 10 Mann eine große Sta¬ 
tue des Hl. Schutzengels mitgetragen. 
Zu Erhöhung der Feierlichkeit ließ man 
wiederholt auch den Schulmeister von 
Lembach zur „musikalischen Aufführung" 
kommen. Er erhielt dafür jedesmal 4 fl., 
Außerdem beteiligte sich die Bruderschaft 
Kern bei Leichenbegängnissen durch Mit- 
tragen der großen oder einer kleinerm 
Schutzengelstatue. 1748 erreichte sie das 
Altarprivilegium für ihren Bruder¬ 
schaftsaltar in der Pfarrkirche. Ihr Ver¬ 
mögen wuchs stetig an und erreichte 
im Jahre 1781 die namhafte Summe 
von 680 fl. Der größte Teil war stän¬ 
dig ausgeliehen. Die Einnahmsquellen 
waren: Mitgliederbeiträge (a 2 kr. jähr¬ 
lich), Zahlungen für Leichenbegleitung 
(mit der großen Statue 2 fl. 17 kr. 
mit der kleinen 14 kr.), Sammlungen 
mit der Tafel und im eigenen Opfer- 
stock (er befindet sich noch heute beim 
Schutzengelaltar) und fromme Ver¬ 
mächtnisse. — Leider fehlen Nachrich¬ 
ten über die Verwendung des Vermö¬ 
gens nach der 1783 erfolgten Aufhe¬ 
bung. 
Wie die frommen Vereine und Bru¬ 
derschaften wurden im Zeitalter des auf¬ 
geklärten Absolutismus auch die Pro¬ 
zessionen und Wallfahrten hart getrof¬ 
fen. Ihre Zahl war im 18. Jahrhun- 
 
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dert wie anderwärts so auch in Putz- 
leinsdorf zu beträchtlicher Höhe ange¬ 
wachsen. Außer den vier von der Kirche 
seit alter Zeit vorgeschriebenen Bittpro¬ 
zessionen am Markustag und den 3 Ta¬ 
gen vor Christi Himmelfahrt (nach Lem¬ 
bach, Pfarrkirchen, Sarleinsbach und um 
die Felder) und den gebräuchlichen zwei 
Bittgängen nach Maria Bründl wurden 
immer öfter auch weitere Kreuzgänge 
unternommen, besonders nach Berg bei 
Rohrbach, St. Wolfgang bei Schlägl, 
Langhalsen und Maria Hilf bei Passau. 
Der Vikar erhielt dabei für die Beglei¬ 
tung meist 1 fl., der Schulmeister 30 
kr. Dem Vikar wurde auch wiederholt 
ein Reitpferd zur Verfügung gestellt. 
Aber, je öfter Kreuzgänge unternommen 
wurden, umso mehr schlichen sich auch 
Mißbräuche ein. Das benützte der den 
Bittgängen nach Pfarrkirchen und Sar¬ 
leinsbach abgeneigte Vikar Josef Eg¬ 
ger (1741-1749) dazu, um in einer 
Eingabe an das bischöfliche Ordinariat 
Passau ihre Beseitigung zu beantragen. 
Er führte dagegen besonders folgende 
Gründe an: Die Teilnehmer versäumen 
bei den Kreuzgängen häufig die Pre¬ 
digt, ja sogar die hl. Messe, manchmal 
werden am Wallfahrtsort Märkte ge¬ 
halten und dann wären die Leute fast 
nur bei den Ständen und nicht in der 
Kirche zu finden: endlich kämen dabei 
auch „Löfflereien, Raufereien und Sauf¬ 
gelage" vor. Das Ordinariat sandte 
diese Ausführungen Eggers an 
den Dechant zur Prüfung und Mei¬ 
nungsäußerung. Der bezeichnete die ge- 
schilberten Unzukömmlichkeiten mit Recht 
für übertrieben und es blieb beim alten. 
Aber nicht mehr lange. Denn der jose¬ 
finische Zeitgeist bewirkte es, daß die 
weltlichen Behörden die Kreuzgänge in 
der schroffsten Weise eindämmten. Schon 
1771 wurde für jede nicht von der Kirche 
vorgeschriebene Prozession die jedesma- 
lige Erlaubnis des Kreisamtes vorge¬ 
schrieben und ein Jahr später Wall¬ 
fahrten, bei denen man über Nacht aus¬ 
bleiben mußte, ganz verboten. 
Diese ersten religiösen Neuerungen 
wurden mit stiller Ergebung hingenom¬ 
men. wurden das Verbot des Wetterläu- 
tens, im Todesjahre das gegeben, 
ließ man sich widerspruchslos gefallen: 
nur bie Schulmeister waren darüber un¬ 
gehalten, weil dadurch ihre Einnahmen 
ernpfindlich geschmälert wurden, sie ver¬ 
loren ja damit die sogenannten Wetter- 
garben. Aber was unter dem Vikar 
Stefan Koller (1784-1807) vorgeschrie-
	        
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