Volltext: Aus der Vergangenheit der Pfarre Putzleinsdorf im Mühlviertel

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Um das Jahr 1716 gab es aber¬ 
mals starke Einquartierungen (Türken¬ 
krieg unter Karl VI). Aus einem unbe¬ 
kannten Grunde mußte in den folgen¬ 
den Jahren einmal eine Grenzbewachung 
auch an die böhmische Grenze, nach Ober¬ 
haag bei Aigen, gestellt werden. Wäh¬ 
rend des zweiten unglücklichen Türken¬ 
krieges Karls VI. wurde das Kriegs- 
und Werbesystem abermals stark gespürt. 
„Beim Anwerben der Soldaten", schreibt 
der Marktschreiber, „ging es kurios zu. 
In Pernerstorf wird von den Soldaten 
ein Knecht einfach mit Gewalt wegge¬ 
nommen". Von Bayern befürchtete man 
schon damals wieder Einfälle, darum 
mußten die Leute „vom Markt und 
Gay" wieder an die Grenze zu Schanz¬ 
arbeiten. Noch empfindlicher wurden die 
Kriegslasten unter Maria Theresia und 
Josef. Zumal der österreichische Erb¬ 
folgekrieg (1741 - 1748) traf das Mühl- 
viertel hart. Er wurde ja in den ersten 
Jahren besonders in den zwei benach¬ 
barten Ländern Bayern und Böhmen 
geführt, das aber hatte mehrmalige 
Truppenverschiebungen von einem 
Kriegsschauplatz zum anderen zur Fol¬ 
ge, die sich wenigstens teilweise durch das 
obere Mühlviertel vollzogen. Im Jahre 
1744 lagen in Putzleinsdorf ebenso wie 
in den Nachbarorten auch Franzosen im 
Quartier. 
Wenig ist's, was uns in alten Auf¬ 
zeichnungen über Putzleinsdorf in den 
bisher angeführten Kriegen berichtet 
wird, aber merkwürdigerweise hören wir 
von den folgenden unter Maria Theresia 
und im Zeitalter Napoleons noch we¬ 
niger ja gar nichts. In ihnen war das 
obere Mühlviertel gegenüber dem Lande 
südlich der Donau entschieden begünstigt, 
weil es im allgemeinen vom Durchzug 
größerer feindlicher Truppenmassen ver¬ 
schont blieb. Freilich die anderen Kriegs- 
lasten trafen es ebenso hart wie die 
übrigen Teile Oberösterreichs, Getreide- 
lieferungen und Geldzahlungen, ja 
Schanzarbeiten wegen der Nähe der 
Grenze mehr als die meisten anderen. 
Auch an Soldaten selbst hat unsere Hei¬ 
mat reichlich ihre Zahl gestellt. Im 
Mai 1808 erschien das kaiserliche De¬ 
kret über die Bildung von Reserven, 
wornach für jedes bestehende Regiment 
2 Ergänzungsbataillone gebildet werden 
sollten (je 600—700 Mann stark). Sie 
mußten jährlich einen Monat an be¬ 
stimmten Sammelplätzen sich in Waffen 
üben, konnten dann wieder nach Hause 
gehen, mutzten aber stets der Einberu¬ 
fung zur Ergänzung ihres Regiments ge¬ 
wärtig sein. Im Juni desselben Jah¬ 
res 1808 wurde die Bildung der Land¬ 
wehr angeordnet, wozu die sonst vom 
Kriegsdienst Befreiten bestimmt wur¬ 
den. In unserem Lande bestand sie 
aus 15 Bataillonen, jedes zu 4 Kom- 
pagnien zu 400 Mann, im ganzen 12.000 
Mann. Sie mutzten alle Sonn- und 
Feiertage exerzieren, wozu eigene Ab- 
richtungsoffiziere in die einzelnen Orte 
geschickt wurden. Für gewöhnlich wurde 
die Landwehr nur zur Verteidigung des 
eigenen Landes verwendet, aber gele¬ 
gentlich auch anderswo. Als Erzherzog 
Karl im April 1809 Passau erobert 
hatte und die bayrische Besatzung der 
Stadt sich auf das Oberhaus zurückzog, 
wurden die 4 Landwehrbataillone des 
Mühlviertels dahin beordert zur Ein- 
schließung der Festung. Aber am 26. 
April mußte man Passau schon wieder 
räumen. 
Natürlich bekam das Mühlviertel 
auch die bösen wirtschaftlichen Folgen 
der langen Kriegszeit um 1800 voll und 
ganz zu fühlen, vor allem die riesige 
Teuerung und Geldentwertung und end- 
Iich den Staatsbankrott im Jahre 1811 
(die Zinsen der Staatsschuld wurden 
auf die Hälfte herabgesetzt). 
 
5. Kapitel. 
 
Erhebung zum Markte (1579) und 
Marktordnung. 
 
Vielfach kann man lesen, Putzleins- 
darf sei schon 1236 ein Markt geworden. 
Diese Annahme stützt sich auf die ein¬ 
gangs erwähnte, aber zweifelhafte Ur¬ 
kunde des genannten Jahres, des der von 
einem Burgrecht in dem „forum" Putz- 
Ieinsdorf die Rede ist. Aber selbst wenn 
man die Urkunde für echt halten wollte, 
wäre obige Annahme noch nicht berech¬ 
tigt. Denn der Besitz des Burgrechtes 
macht einen Ort noch nicht zum Markte, 
sondern das Marktrecht, d. h. bad Recht, 
einen Jahr- oder Wochenmarkt, oder 
beides halten zu dürfen. Putzleinsdorf 
hatte diesem Recht vor der Mitte des 
16. Jahrhunderts noch nicht und der 
Ort heißt auch in den Urbaren ber Herr¬ 
schaft Faltenstein noch „Aigen". Da¬ 
gegen bezeichnet ihn das Register der 
Urbaristeuer vom Jahre 1623 ausdrück¬ 
lich als Markt. Vor diesem Jahre er- 
folgte also die Marktrechtsverleihung 
und zwar 1579. Allerdings ist die Ur¬ 
kunde dieser Rangerhöhung nicht mehr 
im Urtext erhalten, aber doch in einer
	        
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