Volltext: Deutschland in Ketten

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Wilson kehrt in seine Wohnung in der Villa Murat 
zurück. Er geht in sein Arbeitszimmer, das von Detektiven 
und Sekretären bewacht ist. Er nimmt seinen Völkerbunds 
entwurf und fängt an zu sinnen. Der Kongreß in Washing 
ton hat ihm offene Feindseligkeit gezeigt. Der Präsident 
erinnert sich, wie nachdrücklich man ihn gewarnt hat, nach 
Europa zu gehen. Sie haben sogar versucht, zu beweisen, 
daß er gegen die Verfassung der Union verstoße, wenn er 
das Land verlasse. Er ist doch gegangen. Dieser Entschluß 
verlangt Durchhalten bis zum Ende. Er hat alles auf eine 
Karte gesetzt, das läßt sich nicht rückgängig machen, wer 
sollte Europa den Frieden bringen, wenn er es nicht tat- 
Wilson klingelt. Der Sekretär soll den Obersten House 
rufen. Als der Oberst kommt, weiß Wilson nicht mehr, 
was er mit ihm besprechen wollte. Auf der Suche nach einem 
Thema verfällt er auf die Frage der Tschechoslowakei. 
Tschechoslowakei, was ist das; House spricht. Aber der 
Präsident hört nur flüchtig zu. 
Ist sein ganzes Werk schon verloren- Ist es schon an 
der Zeit, die Niederlage offen einzugestehen- Er erinnert 
sich eines Wortes — wer sprach doch das Wort- Es war, 
als der „George Washington" zum erstenmal nach Europa 
fuhr, als die Küste Frankreichs auftauchte, die weißen Felsen 
der Normandie, wie lange ist es eigentlich her- Es war 
am 13. Dezember, am dreizehnten, Gott sei Dank, „was 
sich vor meinem Geiste zeigt, ist eine Tragödie von Ent 
täuschungen . . ." Wilson erschrickt, als das Wort lebendig 
vor ihn tritt, als sei es eben gesprochen worden. Der es 
sprach, war er selbst. 
Er unterbricht House, der noch von der Tschechoslowakei 
spricht. „Lieber Freund", sagt er, „ich werde kämpfen 
müssen, ich stehe erst ganz im Anfang. Ich muß ihnen allen 
gegenübertreten, ich muß die Völker selbst zu Hilfe rufen. 
Ich muß dem Geist der Rache und der Kurzsichtigkeit er 
barmungslosen Kampf ansagen . . ." 
Sein Gesicht strafft sich, seine Bewegungen werden hef 
tiger, entschlossener. Oberst House gibt ihm die Hand, er 
lobt ihn. „Sie haben die größte Macht der Erde hinter sich, 
Präsident, wenn Sie den andern die Faust hinhalten, so 
müssen sie nachgeben. Sie wissen, wie ich Sie bewundere
	        
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