Volltext: Das Weltkriegsende

36 Politik und Kriegführung bis zur Großen Schlacht in Frankreich 1918 
so brauche wie Rußland. Der gleiche Eindruck herrsche bei vielen 
Stellen des Heeres. Da das Heer nun Hindenburg und Ludendorff 
dafür verantwortlich mache, fei das nachgiebige Verhalten der deut- 
fchen Unterhändler in Brest-Litowsk wohl geeignet, eine ungünstige 
Beurteilung auch der Generale der O.H.L. hervorzurufen, denn der 
lange Schllhengrabenkrieg und die zerfahrenen Verhältnisse im In¬ 
nern hätten auch im Heere die Lust an der Kritik gesteigert. Hin¬ 
denburg fuhr wörtlich fort: „Ich vermag die Befürchtung nicht zu 
unterdrücken, daß die Art der Verhandlungen und das Ergebnis in 
Brest die Stimmung des Heeres ungünstig beeinflussen. Diese wird 
jetzt auf die größte Probe gestellt. Um uns die politische und wirt¬ 
schaftliche Weltstellung zu sichern, deren wir bedürfen, müssen wir 
die Westmächte schlagen. Dazu haben Euer Majestät die Angriffs¬ 
schlacht im Westen befohlen. Es bedeutet dies die allergrößte An¬ 
strengung, die wir im ganzen Kriege gemacht haben; die allerschwer¬ 
sten Opfer werden gefordert werden. Ob wir dann den Gewinn für 
Deutschland im Friedensschluß erhalten, den unsere Machtstellung 
erfordert und der unserer Opfer wert ist, muß ich nach den Vor¬ 
gängen in Brest bezweifeln. Eine ungeheure Enttäuschung des heim¬ 
kehrenden Heeres und des Volkes, das unerschwingliche Steuerlasten 
tragen müßte, würde die unausbleibliche Folge sein." 
Rach einigen Bemerkungen, die ein scharfes Mißtrauen der 
O.H.L. gegen den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes v. Kühl¬ 
mann erkennen kaffen, hieß es weiter: „Solange nur. beraten und 
nicht gehandelt wird, treten die Gegensätze scheinbar zurück. Wird 
aber, wie jetzt in der austro-polnischen Lösung gegen Österreich oder 
in Brest gegen die Russen, zur Tat geschritten, so zeigen sich die ge¬ 
gensätzlichen Auffassungen in ihrer ganzen Schärfe. Bei jeder Gele¬ 
genheit wird sich dies und damit die jetzige Lage wiederholen. Euer 
Majestät hohes Recht ist es, zu entscheiden. Aber Euer Majestät 
werden nicht befehlen, daß aufrichtige Männer, die Euer Majestät 
und dem Vaterlande treu gedient haben, sich mit ihrer Autorität 
und mit ihrem Namen an Handlungen beteiligen, die sie aus inner¬ 
ster Überzeugung als schädlich für Krone und Reich erkannt haben. 
Die schwere Aufgabe, die Euer Majestät den Männern auferlegen, 
die die Operationen im Westen nach Euer Majestät Weisung vor¬ 
zubereiten und zu führen haben, bedingt, daß sie des uneingeschränk¬ 
ten, persönlichen Vertrauens Euer Majestät sicher sind. Sie und das 
Heer müssen dabei von dem Gefühl getragen werden, daß der poli¬ 
tische Erfolg dem militärischen Erfolge entsprechen wird. Euer 
Majestät bitte ich alleruntertänigst, Allerhöchst sich g"undlegend zu 
entscheiden. Meine und des Generals Ludendorff Person dürfen bei 
Staatsnotwendigkeiten keine Rolle spielen."
	        
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