Volltext: Das Weltkriegsende

26 Politik und Kriegführung bis zur Großen Schlacht in Frankreich 1918 
schen Marine hindernd in den Weg, nicht zum wenigsten, weil der 
Kaiser den Aufbau der Flotte als sein ureigenstes Gebiet, ja als 
seine ihm von der Vorsehung bestimmte Lebensaufgabe betrachtete. 
Trotzdem hat der Kanzler für den Ausgleich des englisch-deutschen 
Gegensatzes getan, was in seinen Kräften stand. 
Den Eintritt Englands in den Weltkrieg betrachtete Bethmann 
nicht nur als ein nationales Unglück, sondern er erblickte in ihm ge¬ 
radezu den Zusammenbruch seiner eigensten außenpolitischen Vor¬ 
kriegspolitik. In dem schönen Briefe, den er am 3. Dezember 1917 an 
den Chef des Zivilkabinetts v. Valentini gerichtet hat, finden sich die 
Worte: „Was an der Seele nagt, bleibt, daß man diese Weltkata¬ 
strophe nicht abzuwenden verstand. Aber darüber können nicht Men¬ 
schen, sondern nur Gott urteilen." Immer suchte er nach den letzten 
Gründen, darin ein wahrer Philosoph, und sicherlich hat ihm gerade 
diese Besonderheit seines Wesens persönliche Auseinandersetzungen 
und Machtkämpfe, zumal wenn sie ihm aussichtslos erschienen, all¬ 
mählich immer mehr verleidet. Aber so lange er das Amt des Reichs¬ 
kanzlers bekleidete, wollte er nicht nur für die großen Entscheidungen 
der Außenpolitik, sondern auch für alle Fragen die Verantwortung 
übernehmen, die auf die Erzielung einer möglichst hohen deutschen 
Kraftleistung im Kriege ausgingen. Dabei sollten nach seinem Wil¬ 
len und seiner strengen Beamtenauffassung die Ressortgrenzen nach 
Möglichkeit innegehalten werden. 
Für die außenpolitischen Fragen stand seit Januar 1913 Staats¬ 
sekretär v. Jagow an der Spitze des Auswärtigen Amtes. Erwachsen 
in der Schule der deutschen Diplomatie hat er jederzeit dem Reichs¬ 
kanzler zur Verfügung gestanden und nach dessen Weisungen die 
Außenpolitik geleitet. Persönlich trat er nicht weiter hervor. Als 
er am 25. November 1916 aus dem Dienst schied, rückte der bisherige 
Unterstaatssekretär Zimmermann in seine Stelle, dessen Nachfolger 
am 5. August 1917 der bisherige Botschafter in Konstantinopel 
v. Kühlmann geworden ist. 
Der Sturz des Reichskanzlers v. Bethmann Hollweg im Juli 
1917 erfolgte, wie in der bisher erschienenen Literatur, besonders in 
den Erinnerungswerken Hindenburgs und Ludendorffs, sowie in den 
von mir herausgegebenen Erinnerungen des Kabinettschefs Rudolf 
v. Valentini, nach jeder Richtung hin klargestellt ist, auf unmittel¬ 
bare Veranlassung der Obersten Heeresleitung. Sowohl Hindenburg 
wie LuLendorff hatten aus seiner Entlassung eine Kabinettsfrage ge¬ 
macht und dabei die Unterstützung des Kronprinzen Wilhelm gefun¬ 
den. Wie ernst es den beiden Generalen darum zu tun gewesen ist, 
nun bei dem Wechsel des Reichskanzlers endlich zu einer möglichst 
reibungslosen Zusammenarbeit öer politischen und militärischen Lei-
	        
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