Volltext: Das Weltkriegsende

Die Dritte O.H.L. 
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packen oder die Zügel der Regierung für einige Zeit niederlegen." 
Nach Bauers Darstellung hat es damals der Kronprinz Wilhelm ab¬ 
gelehnt, irgendwie gegen seinen Vater Stellung zu nehmen, und 
auch General Ludendorff hielt den von Bauer vorgeschlagenen Weg 
für unmöglich. Bauer schließt seine Darlegungen über diese tragisch 
wichtige Frage mit den Worten: „So ging das Unheil seinen Lauf, 
unsere einzige Hoffnung war die bevorstehende Offensive." 
Wie die Dinge sich allmählich gestaltet hatten, blieb den Trägern 
der politischen Verantwortung nichts anderes übrig, als in wich¬ 
tigen Fragen zu versuchen, sich von Fall zu Fall durchzusetzen. Auch 
sie standen meist in ihrem Denken und Fühlen der Armee nahe, hat¬ 
ten in ihr gedient oder dem Beurlaubtenstande angehört. Äußerlich 
sichtbare Erfolge hatten sie bisher im Weltkriege nicht aufzuweisen. 
Im Gegenteil, man machte sie sowohl für den Eintritt Englands in 
den Weltkrieg wie für das Verhalten Italiens mehr oder weniger 
verantwortlich. Wenn Hindenburg bei seiner stets beherrschten 
Mäßigung im Urteil in seinen Erinnerungen „Aus meinem Leben" 
von seiner „Abneigung gegen alles Diplomatische" spricht und hin¬ 
zufügt, daß nach seinem Empfinden die diplomatische Beschäftigung 
wesensfremde Anforderungen an uns Deutsche stelle, so ist die Auf¬ 
fassung Ludendorffs, daß die O.H.L. zur Rettung des Staates und 
der Monarchie mit deren Zustimmung damals die Diktatur hätte er¬ 
greifen und die unfähige Regierung ersetzen müssen, davon nicht weit 
entfernt. Bis zu der Anschauung von der Politik als einem „Produkt 
aus Feigheit und Unfähigkeit", wie sie gelegentlich im Kasinojargon 
laut wurde, ist dann nur ein kleiner Schritt. 
Von den Veränderungen, die sich aus der geschilderten Entwick¬ 
lung für die Stellung des Obersten Kriegsherrn ergab, wird weiter 
unten — bei Schilderung des Zustandes bei Beginn des Jahres 1918 
— die Rede sein. Wir wenden uns nun den Männern der politischen 
Leitung zu. 
Die Männer der politischen Leitung. 
Der Reichskanzler v. Bethmann Hollweg war ein Mann von 
feiner Geistigkeit und tiefem Verantwortungsgefühl. Vor seiner Be¬ 
rufung zum Reichskanzleramt, das er als ein schweres Erbe vom 
Fürsten Bülow zu übernehmen hatte, war ihm selten Geleaenheit 
gegeben, sich mit außenpolitischen Fragen zu beschäftigen. Mit der 
ihm eigenen Gründlichkeit arbeitete er sich in das ihm fremde Ge¬ 
biet ein und erkannte bald, daß es für Deutschland bei seiner außen¬ 
politisch sehr gefährdeten Lage die Hauptsache sei, den englischen Ge¬ 
gensatz möglichst zu beschwören. Hierbei trat ihm die gerade in seiner 
Amtszeit als Reichskanzler so scharf betonte Entwicklung der deut-
	        
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