Volltext: Das Weltkriegsende

Die Dritte O.H.L. 
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in diesen Fragen nicht nur die sachliche Materie, sondern auch der 
Charakter der an ihrer Lösung arbeitenden Persönlichkeiten." 
Als Hindenburg im Winter 1914/15 den Reichskanzler v. Beth- 
mann Hollweg zum ersten Male in Posen als Gast begrüßen konnte, 
gewann er die Überzeugung, es mit einem klugen und gewissenhaf¬ 
ten Manne zu tun zu haben. Die Anschauungen der beiden Männer 
von den damaligen Kriegsnotwendigkeiten deckten sich in allen we¬ 
sentlichen Punkten. „Ein tiefes Verantwortungsgefühl sprach aus 
allen Äußerungen des Kanzlers. Diesem Gefühl schrieb ich es zu, 
wenn mir in der Beurteilung der Kriegslage durch Herrn v. Beth- 
mann nach meinem soldatischen Empfinden etwas zuviel Bedenken 
und infolgedessen etwas zu wenig Zuversichtlichkeit entgegentraten." 
Als bei der Berufung des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg 
zum Nachfolger Falkenhayns General Ludendorff als Erster Gene¬ 
ralquartiermeister sich die volle Mitverantwortlichkeit ausbedang, 
war das Triumvirat der obersten Kriegsleitung um eine weitere 
Persönlichkeit von besonderer militärischer Bedeutung bereichert. Die 
militärische Leitung erfuhr dadurch eine wesentliche Verstärkung und 
damit auch rein gefühlsmäßig gegenüber der öffentlichen Meinung 
ein sich immer schärfer ausprägendes Übergewicht gegenüber den 
Männern des politischen Geschäfts. Mit Recht weist Wolfgang Foer- 
ster darauf hin°, daß in der Geistesgemeinschaft Hindenburgs und 
Ludendorffs nur ein Gedanke, ein Wille, ein Ziel zum Ausdruck ka¬ 
men. „Man trifft sich im Denken wie im Handeln, — so hat es Hin¬ 
denburg selbst geformt — und die Worte des einen sind oftmals nur 
der Ausdruck der Gedanken und Empfindungen des anderen." Hin¬ 
denburg erblickte daher eine seiner vornehmsten Aufgaben darin, „den 
geistvollen Gedankengängen, der nahezu übermenschlichen Arbeits¬ 
kraft und dem nie ermattenden Arbeitswillen meines Chefs soviel 
als möglich freie Bahn zu lasten und sie ihm, wenn nötig, zu schaf¬ 
fen. Freie Bahn in der Richtung, in der unser gemeinsames Sehnen, 
unsere gemeinsamen Ziele lagen: der Sieg unserer Fahnen, das Wohl 
unseres Vaterlandes, ein Friede, wert der Opfer, die unser Volk ge¬ 
bracht hatte... Auf die Harmonie unserer kriegerischen und politi¬ 
schen Überzeugungen gründete sich die Einheitlichkeit unserer An¬ 
schauungen in dem Gebrauch unserer Streitmittel. Verschiedenhei¬ 
ten der Auffassungen fanden ihren natürlichen Ausgleich und Ab¬ 
gleich, ohne daß das Gefühl gemachter Nachgiebigkeiten auf einer 
oder der anderen Seite jemals störend dazwischentrat. Die gewaltige 
Arbeit meines Generalstabschefs setzte unsere Gedanken und Pläne 
auf das Räderwerk unserer Armeeführung um und später auf das 
5 Graf Schliessen und der Weltkrieg, 2. Ausl., S. 238.
	        
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