Volltext: Das Weltkriegsende

20 Politik und Kriegführung bis zur Großen Schlacht in Frankreich 1918 
terland hinstellten, der an anderen Stellen herrschenden Rat- und 
Tatlosigkeit mit dem Kraftüberschuß und dem Ansehen der Obersten 
Heeresleitung auszuhelfen. Da alles, was mit der Leitung der Ope¬ 
rationen zusammenhing, einer öffentlichen Kritik, während die Waf¬ 
fen sprachen, unmöglich unterzogen werden durfte, politische Ange¬ 
legenheiten aber sehr oft eine breite und unbefangene Erörterung 
fanden, wurde es für die zur politischen Führung berufenen Per¬ 
sönlichkeiten immer schwerer, ihren Entschließungen Geltung zu ver¬ 
schaffen. Das Schlagwort von der unfähigen und energielosen Di¬ 
plomatie wurde sehr bald gefühlsmäßig fast unterschiedslos den Ver¬ 
tretern der politischen Leitung angehängt und erschwerte ihnen häu¬ 
fig die Betätigung ihres politischen Willens. 
Cs wäre verfehlt, aus dieser Entwicklung den Schluß ziehen zu 
wollen, daß Feldmarschall v. Hindenburg, der während der ganzen 
Kriegszeit von der Übernahme der Obersten Heeresleitung im August 
1916 an mit seinem Ersten Generalquartiermeister General Luden¬ 
dorff eine völlige innere Einheit bildete, sich aus eigener Neigung 
oder aus einem gewissen Kraftwillen heraus in die Politik einge¬ 
mischt habe. Seine Auffassung war, daß die diplomatische Beschäf¬ 
tigung an uns Deutsche geradezu wesensfremde Anforderungen 
stelle, ebenso wie auch von ihm bekannt ist, daß er sich in seinen Er¬ 
innerungen „Aus meinem Leben" selbst als eine im Grunde unpoli¬ 
tische Natur bezeichnet hat. Andererseits hielt er in einem solchen 
Koalitionskriege, wie es der Weltkrieg nun einmal war, mit seinen 
unendlich vielen und mannigfaltigen, auf die Kriegführung wirken¬ 
den Entscheidungen eine völlige Zurückhaltung der Kriegsleitung von 
der Politik für unmöglich. „Ich würde es vor meinem Gewissen nicht 
haben verantworten können, wenn ich nicht meine Anschauungen in 
all den Fällen zur Geltung gebracht hätte, in denen die Bestrebun¬ 
gen anderer uns nach meiner Überzeugung auf eine bedenkliche Bahn 
führten, wenn ich nicht da zur Tat getrieben hätte, wo ich Taten¬ 
losigkeit oder Tatenunlust zu bemerken glaubte, wenn ich endlich 
meine Ansichten für Gegenwart und Zukunft nicht dann mit aller 
Schärfe vertreten hätte, wenn die Kriegführung und die zukünftige 
militärische Sicherheit meines Vaterlandes durch politische Maßnah¬ 
men berührt oder gar gefährdet wurden. Man wird mir zugeben, 
daß die Grenzen zwischen Politik und Kriegführung sich wohl nie 
mit voller Schärfe ziehen lassen werden. Beide müssen schon im 
Frieden zusammenwirken, da ihre Gebiete eine wechselseitige Ver¬ 
ständigung unbedingt verlangen. Sie müssen sich im Kriege, in dem 
ihre Fäden tausendfach verschlungen sind, gegenseitig ununterbrochen 
ergänzen. Dieses schwierige Verhältnis wird sich nie durch Bestim¬ 
mungen regeln lassen. Auch der lapidare Stil Bismarcks läßt die 
Grenzlinien ineinander überfließend erscheinen. Es entscheidet eben
	        
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