Volltext: Das Weltkriegsende

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Die rein politische Kriegsleitung 
hin seinen festen Entschluß, nicht nachzugeben, da er beabsichtige, an 
der Spitze des Heeres die Ordnung in der Heimat wiederherzustellen. 
Als der Reichskanzler bat, ihn sofort zu entlassen, lehnte der Kaiser 
das ab, und Prinz Max erklärte sich bereit, noch bis zur Unterzeich¬ 
nung des Waffenstillstandes im Amt zu bleiben. Nach Abschluß des 
Telephongespräches telegraphierte er dann noch nach Spa, daß inzwi¬ 
schen der König von Bayern und der Herzog von Braunschweig dem 
Thron entsagt hätten, und daß der Großherzog von Mecklenburg- 
Schwerin die Forderungen des Arbeiter- und Soldatenrates ange¬ 
nommen habe. 
Die tragische letzte Nacht des deutschen Kaisertums war gekom¬ 
men. Im Großen Hauptquartier fand zwischen dem Feldmarschall 
v. Hindenburg, dem Generaloberst v. Plessen und dem Generalleutnant 
Groener eine Besprechung über die vom Kaiser erwogene Möglichkeit 
statt, an der Spitze des Heeres die Ordnung in der Heimat wiederher¬ 
zustellen. Dabei kam zur Sprache, daß eine für besonders zuverlässig 
gehaltene Division, die den Rücken des Großen Hauptquartiers gegen 
die von Köln bis Aachen vorgekommenen Aufständischen decken sollte, 
ihren Offizieren den Gehorsam gekündigt und sich gegen ihren aus¬ 
drücklichen Befehl in Bewegung gesetzt hatte, um nach Hause zu mar¬ 
schieren. Hindenburg und Groener erklärten nunmehr, daß der Plan 
eines Vormarsches gegen die Heimat als aussichtslos aufgegeben wer¬ 
den müsse. Hierüber ist der Kaiser abends nicht mehr verständigt wor¬ 
den, und auch das dringende Telegramm des Prinzen Max mit den 
Nachrichten über die Ausbreitung der Revolution in Deutschland 
wurde ihm nicht mehr übermittelt, da er sich schon zur Ruhe begeben 
hatte. Legationsrat Frhr. v. Grünau erklärte auf telephonischen An¬ 
ruf des Staatssekretärs Wahnschaffe aus der Reichskanzlei in Berlin, 
telephonisch oder durch eine Mittelsperson könne eine so weittragende 
Entscheidung — gemeint war die Thronentsagung des Kaisers als 
„das einzige Mittel, um Deutschland vor blutigem Bürgerkrieg zu 
bewahren" — nicht herbeigeführt werden. Die tiefe Tragik der jetzigen 
Lage bestand nur darin, daß in diesen kritischen Stunden das Trium¬ 
virat der obersten Kriegsleitung räumlich weit getrennt war, und daß 
Nachrichten irgendwelcher Art in der Nacht vom 8./9. November an 
den Monarchen nicht mehr herangebracht werden konnten. 
Ein Versuch, noch in der Nacht vom 8. zum 9. November den 
Staatssekretär Sols nach Spa zu entsenden, mußte aufgegeben wer¬ 
den, da er einen rechtzeitigen Entscheid doch nicht mehr erwirken 
konnte. Auch ein Telegramm Solfs an den Kaiser vom 8. November 
abends blieb wirkungslos; es hatte mit den Worten geschloffen: „Von 
Euerer Majestät sofortigem Entschluß hängt es einzig und allein ab, 
ob der Bürgerkrieg zu vermeiden ist. Ich bitte daher Euere Majestät
	        
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