Volltext: Das Weltkriegsende

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Die rein politische Kriegsleitung 
Am gleichen Tage forderte die „Frankfurter Zeitung" die Ab¬ 
dankung des Kaisers und den Thronverzicht des Kronprinzen, damit 
die demokratischen Voraussetzungen geschaffen würden, die für Wilson 
nötig seien. 
Prinz Max von Baden suchte die Kaiserfrage zurückzudrängen, 
solange es ihm irgend möglich schien. Sein Ziel war, unter allen 
Umständen die Hohenzollerndynastie zu halten und wenn möglich 
auch dem Kaiser selbst den so unendlich schweren Schritt zu ersparen. 
In diesem Sinne hat er jede denkbare Einwirkung auf die Presse 
auszuüben versucht. So erklärten am 27. Oktober die Legationsräte 
Ferdinand v. Stumm und Schmidthals in der Pressekonferenz, es 
wäre ein Zeichen von Felonie und Bedientenhaftigkeit, wenn dasselbe 
Volk, das im Frieden dauernd dem Kaiser zugejubelt hätte, jetzt von 
ihm abfiele. In der Öffentlichkeit aber entwickelte sich die Zwangs¬ 
vorstellung, daß ein guter Waffenstillstand nur zu erreichen sei, wenn 
der Kaiser abdanke. 
Am 27. Oktober erschienen im Aufträge des Fürsten Ernst zu 
Hohenlohe-Langenburg zwei Offiziere — Major Draudt" und Ka¬ 
pitänleutnant Mensing — beim Reichskanzler und überbrachten ihm 
einen aus dem Auslande stammenden Bericht. Danach müßten 
die in den Augen der Entente für den Krieg und seine Füh¬ 
rung verantwortlichen Machthaber verschwinden. Mit den Worten 
„militärische Beherrscher und monarchische Autokraten" in Wilsons 
dritter Rote seien der Kaiser, der Kronprinz und Ludendorff gemeint; 
der Kaiser gelte in den Ententeländern auf Grund der raffinierten 
und systematischen Hetze gegen ihn als die Verkörperung aller wirk¬ 
lichen und erdichteten Greuel des Weltkrieges. Mit diesen drei Män¬ 
nern werde die Entente niemals über Waffenstillstand und Frieden 
verhandeln. Der Begleitbrief des dem Kaiser durchaus ergebenen 
Fürsten Hohenlohe-Langenburg enthielt einen starken Appell an den 
Kaiser, jetzt um der Zukunft seines Volkes willen den schwersten Ent¬ 
schluß zu fassen, der nicht als Schwäche ausgelegt werden könne; viel¬ 
mehr würden „die kommenden Geschlechter eines, so Gott will, wie¬ 
der erstarkten Deutschlands die Tat preisen, die geschehen wäre, um 
vom Volk und Land das Schlimmste abzuwenden." 
Der Kaiser selbst, auf den in dieser Lage alles ankam, hielt es für 
seine Pflicht, an seiner Stelle zu bleiben. In einer Kundgebung vom 
28. Oktober, mit der er die Bekanntmachung der neuen verfassungs- 
15 Major Draudt von der Gefangenenabteilung des Kriegsministeriums 
war dem Prinzen Max feit Jahren als ein energischer und humaner Mann 
bekannt; er gehörte zu der Gefangenenkommiffion, die in Bern mit den Ameri¬ 
kanern verhandelte. Gemeinsam mit Kapitänleutnant Menstng beschwor Draudt 
den Prinzen, schnell zu handeln, ehe die Waffenstillstandsbedingungen des Mar¬ 
schalls Foch endgültig festlägen.
	        
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