Volltext: Im Reiche des Kalifen [94/95/96]

In der Residenz der tanzenden Derwische. 
Es war Mittag, als ich mich, begleitet von einem klein⸗ 
xsiatischen Kollegen, vom Bahnhof zu Konia nach der, Garten⸗ 
horstadt Meram begab, um den Wali, den s either verstorbenen 
Hadschi Ali Kemaly-Pascha, und den Tschelebi Abd ul Wahid, 
das Oberhaupt aller tanzenden Derwische, zu besuchen. Vom 
Bahnhof fährt man etwa 50 Minuten bis Meram. Der Weg ist 
öde Nach 15 Minuten sieht man links einen alten, verfallenen 
Friedhof/ die Steine sind so zertrümmert und zerbröckelt, daß 
man nicht einmal weiß, ob hier Mohammedaner oder Christen 
begraben sind. Auf der heißen Straße begegneten wir einigen 
tiefverschleierten Frauen, die nach Mannerart auf Pferden 
riklken; etwas später trafen wir drei Arabas, welche nach der 
Sladt Obst brachten. Nach weiteren zehn Minuten bamen wir 
im einer verfallenen Türbe vorbei; die Frommen, die an dieser 
Grabstätte gebetet, hatten Fetzen von ihren Kleidern abgerissen 
und an das Gitter gebunden, damit am Tage der Auferstehung 
der Heilige sie wiedererkennen sollte. 
Je näher wir nach Mexram kamen, desto freundlicher wurde 
die Gegend. Große Gürten tauchten vor uns auf, eingezäunt 
von Lehmmauern. Wir ließen abermals einen Friedhof zur 
Seite, bogen rechts ab und dann in eine Querstraße links ein. 
Ein ausgetrockneter Bach zog neben uns her. Dann ein vbesser 
aussehendes Haus mit offenem Tor und großem Hof — die 
Villa des Wali. Sein Sohn Ghalib⸗Bei empfing uns zunächst 
und geleitete uns zu einer Veranda im Hof. Der letztere war 
belebt von Soldaten, Dienern, Pferden und bes onders vielen 
und auffallend großen Hühnern. Mitten durch das Gewirr kam 
der Pascha, ein intelligenter alter Herr! Er begrüßte mich in 
liebenswürdigster Weise. Eine Stunde nach meiner Ankunft, 
noch in der Nacht, war ihm davon Mitteilung gemacht worden, 
daß ein Zeitungskorrespondent sich nach Konia verirrt hatte. 
nd er freute sich daß ich es nicht umnterlassen hatte, ihm meine 
Aufwartung zu machen. Im Gesprach — ex sprach nur türkisch 
— zeigte er sich als ein Mann, dem das Wohl seines Wilajets 
ernstlich am Herzen lag. Er hatte Sinn für die Geschichte und die 
Aniquitaten der Stadt, Einen phrygischen Löwen, den man 
ausgegraben hatte, rettete er vor der Zerstörung und stellte ihn 
hor seiner Villa in Meram auf. Er bedauerte, daß die früheren 
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