Volltext: Im Reiche des Kalifen [94/95/96]

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war nicht so umbarmherzig gewesen wie die, menschliche 
Grausamkeit dieses hinkenden Asiaten, der nichts Lebendes und 
nicht totes Gestein schonte. Ex hat von Sardes nichts gelassen 
als die Königsgräber, die die Erde vor seiner Wut verbarg. 
Sonst ist nichts übriggeblieben, um für die einstige Pracht 
der Stadt am Goldenen Fluß zu zeugen. Der Goldene Fluß, 
der einst stolz den Markt von Sardes durchfloß, ist ein arm— 
seliges, trübes Bächlein geworden; der römische Kaiser 
Augustus hat zum ketztenmal Gold aus ihm geholt. Die 
melancholischen Wellen erzählen von den guten, alten Zeiten, 
da Gyges aus dem Golde des Paktolos zum erstenmal Münzen 
geschlagen hat, und davon, daß an den Ufern dieses Flusses 
die Flöte, die dreisgaitige Kithara, das Knöchel-, Würfel- und 
Ballspiel erfunden worden sind; und daß die Menschen, die 
hier gewohnt, die schönsten und farbenprächtigsten Kleider 
ihrer Zeit getragen haben; lange Kaftane, übergossen mit 
wohlriechenden Wassern, goldene Stirnbänder und Ohr— 
gehänge; denn die Lydier hatten die feinsten Webereien und 
Stickereien. Die trüben Wellen des Paktolos erzählen von der 
Goldflut, die die Könige von Sardes hier schöpften, so daß sie 
mit Gold nicht bloß die Tempel und Paläste des eigenen 
Reiches, sondern ganz Griechenlands bedeckten. Herodot sah 
im Tempel von Delphi schwere Mischkrüge aus Gold, die 
Gyges gespendet hatke. Im Tempel des ismenischen Apollo 
zu Theben sah Herodot einen von Krösus gestifteten goldenen 
Schild nebst goldener Lanze. Krösus schickte nach Delphi 
massive goldene Bildsäulen, einen schweren, godenen Kessel, 
ein goldenes Weihwasserbecken und dazu Trankopfergefäße, ein 
mächtiges goldenes Standbild einer Frau, geschmückt mit dem 
Halsband und Gürtel seiner eigenen Frau, der Königin, 
ferner für jeden Bürger von Delphi ein paar Goldmünzen, 
endlich einen massiven goldenen Löwen und als Postament für 
ihn einige Dutzend goldene Ziegel. Nach— Theben schickte 
Krösus für den Apollotempel einen goldenen Dreifuß; nach 
Ephesus: goldene Säulen und goldene Kühe, die Tiere 
der Artemis; und auch der Apollo von Milet wurde nicht 
vergessen; und als die Lakedämonier nach Sardes kamen, um 
Gold für ein Standbild des Apollo von Thorax einzukaufen, 
schenkte ihnen Krösus das nötige Metall. Eine Feuersbrunst 
zerstörte damals Delphi, der goldene Löwe fiel von feinem 
goldenen Postament und wurde als zusammengeschmolzener 
Torso in den korinthischen Schatz gebracht; auch des Kröfus 
goldener Kessel wurde in der Feuersglut zu einer formlosen 
Masse und dem klazomenischen Schatz einverleibt. 9 
ESo ist all das Gold des Kröfus zerschmolgzen und später 
verschwunden. Und von der goldenen Stadt Sardes am 
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