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Der Kaiser wohnte weit weg und wie
sollte die Bitte (Beschwerde) vvrgebrachtwer-
den? Ter Leibeigene und kem Mensch tm
Dorfe, außer den Schloßbeamten und dmN
Pfarrer konnte schreiben oder lesen, gelbst
konnte der Knecht nicht zum .Kaiser gehen,
da der Leibeigene ohne Erlaubnis des
Herrn die Scholle nM verlassen durfte und
wenn, so hätte er angeben müssen, auv wel¬
chem Grunde, wohin, und pt wem er gehen
wolle. Es gab nichts, zum Rechte zu ge-
langen!
Verzweiflung erfaßte den Knecht! er
war fck'utz-- und rechtlos und mit seinen
Mitbrüdern schlechter behandelt als d^e Hunde
und Pferde seines Herrn. Mese koiteten
Geld; der Leibeigene kostete Nichts, es wa-
ren deren ja viele da.
Bald nach dem schrecklichen Mrkommms
kanl die schon lange im Herzen des Knech-
tes glimmende Wut zum Ausbruche. Als er
mittags v:n der Arbeit heimging, kam der
Graf aus dem das Schloß umgebenden Wald
heraus. Wie ein Blitz durchzuckte es das
Gehirn des Knechtes: letzt oder Nie! Er ^ er-
griff, auf all die furchtbaren Folgen seiner
Tat vergessend, einen Prügel, der am Wwe
lag iind schlug mit diesem aus den KM
des fi tief Gehaßten.
Der Getroffene sank wie tot zusammen.
Folter und Marterwd waren ihm gewiß,
wenn er nicht rasch die Flucht ergriff^ ^ae
abgekürzten Wege zu dem etnm 2 ^tunben
entfernten Nachbarschlosse einschlagend, kam
er in atemlosem Lause v>ollkommeu ersck^pft,
dou an, und bat, ihm ein Myl zu gewähren.
Nach einem Verhör durch den Pfleger wurde