Bei Anwendung dieser Methode schien jedoch offenbar die Belastung
des deutschösterreichischen Schuldners noch zu klein. Er muß auch noch den
Rückgang der tschechischen Krone gegenüber dem Schweizer Durchschnittsknrse
der — damals noch allen Nationalstaaten gemeinsamen — Krone im
Oktober 1918 auf sich nehmen. Diese Art der Rechnung bewirkt, daß er,
um 100 bei ihm im Oktober 1918 eingelegte Kronen zurückzuzahlen, gegen¬
wärtig 233 Kronen -aufwenden muß. Mau gelaugt dabei zu dem sonderbaren
Ergebnisse, daß d^r deutschösterreichische Schuldner gegenüber den Angehörigen
eines früher zur Monarchie gehörigen Gebietes ungünstiger gestellt wird, als
gegenüber den Angehörigen eines wirklichen Feindeslandes. Einen: Gläubiger
in Mailand beispielsweise, der aus der Vorkriegszeit her ein Kroneuguthabeu
in Wien besitzt, muß dieses in Lire nach dem Vorkriegskurse zurückgezahlt
werden. Die Entwertung der Lire jedoch geht auf Kosten des italienischen
Gläubigers. Sitzt der Mann in Triest, so wird die Schuld nicht etwa direkt
nach dem Durchschnittskurse des Oktober 1918 auf Lire umgerechnet, sondern
dieser Durchschnittöknrs gilt nur für die Umrechnung in Schweizer Franken,
die sodann nach dem Tageskurse zur Zeit der Zahlung in Lire umgerechnet
werden. Da nun die italienischen Lire gegenüber dem Schweizer Franken seit
1. November 1918 eine wesentliche Entwertung erfahren haben, muß der
österreichische Schuldner bei dieser Rechnungsart eine größere Menge Lire
beschaffen, als wenn die Umrechnung analog wie bei dem Mailänder
Schuldner unmittelbar nach den Kursen vom 1. November 1918 erfolgt
wäre. Ein solches Vorgehen ist nicht mehr lediglich als rücksichtslose Wahrung
der eigenen Interessen zu bezeichnen. Es ist die unverhüllte Absicht, zu
schaden, den Gegner ausbluten zu lassen, es ist nicht mehr Rücksichtslosigkeit,
sondern Raub, ohne einen Schatten von Recht.
Der dritte Absatz des Artikels 48 endlich bestimmt, daß Legate,
Schenkungen, Stiftungen und Stipendien jeder Art, die noch in der
alten Monarchie ins Leben gerufen wurden und für Angehörige eines der
Nationalstaaten oder der abgetretenen Gebiete bestimmt waren, von Österreich,
soweit das Stiftungsvermögen sich auf seinem Gebiete befindet, zur Verfügung
jener alliierten oder assoziierten Macht gestellt werden müssen, deren gegen¬
wärtige Staatsangehörige die Bezugsberechtigten sind, und zwar in jenem
Zustande, in welchem diese Stiftungen sich am 28. Juli 1914 befanden,
wobei den in Erfüllung des Stiftungszweckes regelmäßig geleisteten Zahlungen
entsprechend Rechnung getragen werden soll. Es ist nicht klar, aber fast zu
vermuten, daß bei Stiftungen in Geld die Auszahlung in dem Zustande, in
dem die Stiftung sich am 28. Juli 1914 befand, eine Umrechnung auf
Grund des damaligen Kronenkurses in sich schließt. Auf die zahlreichen, nach
Kriegsausbruch gemachten Stiftungen paßt die Bestimmung überhaupt nicht.
Daß auf Stiftungen in slawischen Ländern, für die auch deutschösterreichische
Staatsangehörige bezugsberechtigt wären, keine Rücksicht genommen ist, mutet
fast schon wie eine Selbstverständlichkeit an.
XI.
Verträge und Fristen.
(Zu Artikel 34 bis 38, 47, 50, 51 und 52 des Teiles X.)
Die Bestimmungen über die Gültigkeit privatrechtlicher Verträge sowie
über Berjährungs- und Fälligkeitsfristen sind aus den Artikeln 299 bis 305
des deutschen Vertrages wörtlich in die Artikel 34 bis 38 des österreichischen
übernommen. Die besonderen Verfügungen, die in dieser Beziehung für die
Angehörigen der verschiedenen, früher zur Monarchie gehörigen Gebiete
außerhalb Deutschösterreichs gelten sollen, sind den im deutschen Vertrage für