Volltext: Der Kettenhandel als Kriegserscheinung [Heft 3]

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teil! Wie eben gezeigt, will jeder die gekaufte Partie möglichst rasch 
weitergeben,- ohne direkte bösliche Absicht entstehen daraus langeKetten: 
objektiver Kettenhandel. Am liebsten aber wird der Verkäufer 
an solche Leute weitergeben, die recht bald ihm wieder andere Waren 
verkaufen. Denn Warenbesitz bedeutet jetzt sicheren Gewinn. So 
entstehen Interessengemeinschaften, aus dem objektiven entsteht der 
bewußte, absichtliche Kettenhandel, das Schiebertum in zahl 
reichen Spielarten?) 3 
IV. Dauvttraqer^ des Kettenhandels • 
Die „Knegshandelsvermittler." 
Eine neue Art kaufmännischer Mittelspersonen tritt unter diesen 
Verhältnissen bald und massenhaft auf,- man nennt sie Kriegshan 
delsvermittler. Gänzlich ungewollt entwickelt sie sich aus dem Stande 
der Agenten, einer wirtschaftlich überaus wertvollen Schicht, die für 
billige Provision hochwertige Arbeit in der Warenvermittlung leistet. 
Diese standen vielfach zwischen Landwirt und Aufkäufer,- wiederum 
zwischen diesem und der verarbeitenden Fabrik,- dann wieder zwischen 
dieser und dem Absatzgroßhändler und endlich auch zwischen dem letzten 
Großhändler und dem Kleinverkäufer. Im Frieden boten sie nach 
Muster oder Preisliste an,- nur den Auftrag zu gewinnen war ihre 
Sorge,- daß er etwa nicht prompt, vielleicht garnicht ausgeführt würde, 
war gänzlich außer Betracht,- War^aab es inÄülle und Fülle,- Schiff, 
*) Genaue Beobachter der ersten Mobilmachungswochen glauben, das erste 
Entstehen des Schiebertums auf ÄMitärlieferungen zurückführen zu müssen. Der 
Einkauf der Heereskörper geschah dezentralisiert, jedes Korps kaufte grundsätzlich 
für sich, daneben aber noch jedes Bataillon und oft genug die Kompagnie. Auf 
denMreis kam es in der Eile und bei gelegentlich mangelnder Sachkenntnis, zumal 
bei neuen Formationen, meistens weniger an, auf schnelle oder doch sichere Ver 
sorgung umsomehr. So wurde anfangs oft jedes denkbar erscheinende An 
gebot angenommen, und spekulative Naturen boten, was sie noch gar nicht hatten, 
zu Preisen an, zu denen sie solche Waren sicher kaufen konnten. Die Lieferung 
wurde zu einem etwas billigeren Preise an einen anderen weitergegeben, der es 
wieder ebenso machte und so fort, bis endlich zu mäßigem Preise der wirkliche 
Lieferant erreicht wurde — oder gelegentlich, wenn sich keiner fand, auch gar nicht 
geliefert wurde. Von den vielen seltsamen Blüten dieses Kettenhandels hier nur 
eine: Eine Lieferung Schuhe für ein westdeutsches Korps wurde durch ein nord 
deutsches Warenhaus gemacht, an das diese Schuhe durch eine Anzahl Zwischen 
hände aus einem Warenhause desselben westdeutschen Korpsbezirks gelangt waren, 
das obendrein am Sitze des Korps ein Zweiggeschäst hat. Solche Fälle wurden 
seither durch die Zusammenfassung der Heeresversorgung unterbunden,- aber daS 
dabei herausgebildete Schiebertum suchte und fand nun andere Betätigung^ 
gebiete.
	        
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