Volltext: Der Kettenhandel als Kriegserscheinung [Heft 3]

konnte man bis zur Kettenhandels-Verordnung, aber auch noch 
nachher ziemlich häufig, dieses Geschäft in den Mittagsstunden beob 
achten. Zwischen den noch immer gutgehenden Buchmachergeschästen, 
zwischen kleineren Händeln mit allerhand Wertstücken, wird eine 
„Partie" Schmalz angeboten, oder beschlagnahmesreie Gerste oder 
verkehrsfreier Reis unbekannter Herkunft. Dann kann man beob 
achten, wie sich die einzelnen an dem Geschäft „beteiligen", entweder 
indem sie einen Teil der Partie übernehmen, oder auch mit festen 
Geldbeträgen (x-mal 1000 Mark) an einem Umschlage teilnehmen, 
oder endlich sich eine solche Partie „an Hand geben" lassen, um sie 
gegen eine festgesetzte Provision und gegen entsprechenden Anteil am 
„Überpreise" — das isAder über den vorgeschriebenen Verkaufspreis 
erzielte Mehrbetrag — weiterzuvertreiben. Nicht selten werden alle 
diese Geschäfte an der Tkschrunde gleich schriftlich festgelegt, so daß 
man 3 oder 4 Kaufverträge über dieselbe Warenpartie vom selben 
Tage finden kann, die auch mit derselben Tinte geschrieben sind, aber 
doch nacheinander starke Preissteigerungen aufweisen. Daß solche 
Tafelrunden sich dann auf die Dauer zu ständigenKetten auswachsen, 
die bei den verschiedenartigsten Waren in verhältnismäßig gleich 
artiger Zusammensetzung wiederkehren, konnte mehrfach beobachtet 
werden. Nicht immer verfahren sie dabei so ungewandt, wie eine 
jener Ketten, bei der die Mitglieder untereinander sich Angebot und 
Annahme schriftlich zustellten, aber alle diese Briefe im Kontor eines 
Genossen mit ein und derselben Schreibmaschine herstellen ließen. 
Diese allzu betriebsamen Jünger Merkurs wußten noch nicht, daß 
der StaatsanwaltMkttel hat, die Individualität der Schreibmaschine 
weit sicherer zu erkennen, als diejenige der menschlichen Handschrift. 
Diesem gewerbsmäßigen Nichts-als -Schiebertum hat man zeit 
weilig zweifellos einen zu großen Einfluß auf die allgemeine Preis 
steigerung im Kriege zugeschrieben. Doch besteht es noch immer an 
den Brennpunkten des Zwischenhandels, und es findet für seinen 
stets gleichen Zweck immer neue Handelsformen. 
VI. Wirtschaftliche Beurteilung des Kettenhandels.' 
Die Schädlichkeit des ganzen, hier geschilderten Treibens liegt 
in der Einschiebung von Zwischenhändlern und sonstigenVermittlern, 
die eine wirtschaftliche Ausgabe im Verteilungsprozesse der Waren 
überhaupt nicht erfüllen, also gänzlich unnötig sind. 
Auch im regelmäßigen Handel der Friedenszeit sahen wir, wie 
oben schon betont, regelmäßig Reihen von Kaufleuten nacheinander 
am Absatz derselben Waren beteiligt,- aber immer ist es ein arbeits-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.