Volltext: Der Kettenhandel als Kriegserscheinung [Heft 3]

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Beherrschend über dem ganzen Getriebe der Versorgung stand 
der große Regulator des normalen Wirtschaftslebens, der preis. 
Im ganzen wirkte er im Lebensmkttelverkehr ziemlich getreu den 
Lehren der wirtschaftlichen Klassiker. Er regulierte die Vorrats 
mengen: Stieg der preis, so drängten die Vorräte an den Markt, 
zumal auch diejenigen des Auslandes. Zugleich dehnte sich die Er 
zeugung imInlande aus. Aus der andern Sekte wurde mit steigendem 
preise der Bedarf eingeschränkt oder auf billigere Artikel abgelenkt. 
So wurde bei normalen Marktverhältnissen der Preisstand immer 
wieder erprobt, bei dem Dringlichkeit des Angebots und Dringlichkeit 
der Nachfrage, samt ihren wichtigsten Bestimmungsgründen Vorrat 
und Bedarf, im Gleichgewicht standen. Der preis regulierte die 
Warenverteilung: Dem Billigsten unter den Anbietern sicherte 
er den schnellsten und größten Absatz,- den Zahlungswilligsten unter 
den Nachfragern teilte er die verlangten Mengen zu. Der preis 
regulierte auch die Organisation dieser Verteilung: Wer die 
Ware mit den geringsten Kosten zweckmäßig absehen konnte, dem 
mußte die größte Menge des Absatzes zufallen,- ihn mußten die 
Wettbewerber nachahmen und möglichst überbieten. So konnte sich 
in der Warenverteilring nur behaupten, wer nützliche Arbeit leistete. 
Wer anders tat und durch sein Dazwischentreten den preis unnütz 
emportrkeb oder auch nur hochhielt, den schlugen, wie unten noch zu 
zeigen, leistungsfähigere Wettbewerber mit billigeren preisen aus 
dem Felde. 
Krieg und Handelsblockade ändern all das von Grund auf. 
Die Auslandszufuhren stocken, das Heer zieht Millionen Arbeits 
kräfte an sich und läßt so die Inlandserzeugung an Waren sinken, 
während der Bedarf mindestens gleichbleibt. Schon deswegen muß 
derpreis schnell steigen. Aber nun zeigt sich, daß Lebensmittel etwas 
anderes sind als jede andere Ware am Markte. Die Einschränkung 
des Bedarfs hat bei ihnen sehr enge Grenzen, seine Befriedigung 
ist dringlich und unaufschiebbar, die Sorge um des Leibes Nahrung kn 
nächsterZeit läßt dieNachfrag e am Markte noch weit dringlicher auf 
treten, als dem augenblicklichen Bedarf entspricht,- alsbald beginnt das 
„Hamstern" der privaten. Gleichzeitig wird aber das Angebot 
noch kleiner, als dem wirklich vorhandenen Vorräte entspricht: Die 
Spekulation hält dieWaren zurück, sie hofft auf noch viel dringlicheres 
Verlangen, auf noch viel höhere Zahlungs-Bereitschaft in naher Zu 
kunft. Der preis, der sonst so sichere Regulator des Wirtschafts 
lebens, wird durch die dringende Sorge auf der einen, die Spekulation 
auf diese Sorge auf der anderen Seite zum Verfälscher der Wirklich 
keit,- er verteilt die Vorräte falsch und lenkt große Teile des Volks-
	        
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