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Im XVII. Jahrhundert ragte vor Allen Abt Placidus
(Buechauer + 1669) hervor. Er ist der zweite Stifter der
höheren Lehranstalten, gestaltete das Museum iu ein Knaben¬
seminar mit, bereicherte die Bibliothek mit vielen ansländi-
scheu Werke», schickte mehr als 30 Stistscapitulareu an ans-
wärtige Akademieeu und Universitäten, ließ Theologie und
Philosophie zu Kremsmünster öffentlich lehren und die orieuta-
tischen Sprachen vortragen, bevor sie ans den Universitäten
allgemein gelehrt wurden. Glücklich pries dieser Prälat jenen
Sterblichen, dem es gegönnt sei, seine Zeit bei Büchern zu-
bringen zu können. Wir wollen nicht reden von seinen land-
wirtschaftlichen Anstalten, von den großen Bauten im Stifte
und auf den Stiftspfarreien, aber weitnmher. gepriesen war
seine Herzensgüte gegen Jedermann. Acht und fünfzig Capi-
Maren legten in die Hände ihres von Allen kindlich gelieb-
ten Vaters die Ordensgelübde ab.
Sein ebenso tüchtiger, baulustiger uud kuustliebeuder,
aber uicht ebenso beliebter Nachfolger Ereubert II. (Schre-
vogl 's 1703) modernisirte nach dem Renaissancestyl die alte
gothische Stiftskirche so, wie sie heute noch steht, baute das
gegenwärtige imposante Stiftsgebäude mit der Bibliothek und
Sommerabtei, den Kaisersaal .und deu einzig in seiner Art
angelegten Fischbehälter n. s. w. Die neugeschaffenen weiten
Räume füllte der Abt mit Kunstwerken verschiedener Art.
Wie Ptälat Placidus, so dehnte auch Ereubert II. feilte
Sorgfalt aus die Stiftspfarreien aus, uud es gibt vielleicht
keine derselben, wo nicht beide, doch der eine oder der andere
durch hervorragende Baulichkeiten ein dankbares Andenken sich
erworben. Ebeudieser Prälat ließ den Grundbesitz des Stis-
tes, seiner Pfarreien und Herrschaften geoinetrifch abmessen,
kartographisch feststelle» und das jüngste Urbar anlegen.
Auch feierte er mit uicht geringer Pracht das 900 jährige
Jubiläum .des Stiftes.
Im XVIII. Jahrhundert wirkte der schaffende Geist des
strengen Alexander II. (Strasser 's 1731), der die wissen-
schaftliche und religiöse Heranbildung der jnngen Stiftsgeist-
lichen, die Wachsamkeit über die Klosterdisciplin und die Be-
stellung der Schulen mit erprobten Lehrern vorzüglich im
Auge hatte. Für die innere Ausschmückung der Stiftskirche
scheute dieser Prälat keine Kosten. Bon seinen vielen uud
großartigen Bauten in und außer dem Stifte erwähnen wir
nur die beiden Maierhöfe im Stifte und das gegenwärtige
bischöfliche Palais in Linz. Dem Kaisersaal gab er feilte
heutige Ausstattung, der Stadt Linz kam er in einer Hungers-
uoth hilfreich entgegen und gab große Summen für patrio-
tische Zwecke. Auch in der Ländwirthfchaft, Garten- und Forst-
knltnr leistete er Vieles.
Wenn Alexander II. die ökonomische und finanzielle.Lage
Kremsmünster's auf's Höchste brachte, so erreichte unter sei-
item Nachfolger Alexander III. (Fixlmüllner +, 1759) das
Stift die schönste wissenschaftliche Blüthe. Dieser wahrhaft
fromme und liebenswürdige Abt gründete dasLycennt (1737),
erweitertes das Knabenmuseum, baute die liebliche Studenten-
kapelle (1739), errichtete die k. k. Akademie (1743), verbnn-
den mit einer adeligen Ritterschule uud mit vollständigen theo-
logischen und juridischen Lehrkursen, ttitd führte das Riefen-
gebände der Sternwarte (1748 —1758) anf. Nicht
Zloß förderte dieser bewunderungswürdige Abt Kunst uud
Wissenschaft, er war auch ein Vater der Armen in jenen Zei-
ten der Thenernng und Arbeitslosigkeit, ein eifriger Seelsor¬
ger, der nicht selten predigte und katechisirte. Auch refvrmirte
er die Volksschulen, baute und erneuerte viele Schulhäuser. Um
mehr als 200,000 Gulden ließ er neue Straßen anlegen.
In seinem hiugebendsteu Patriotismus spendete er Tanseude
itttb Tausende von Gnlden dem bedrängten Vaterlaude. Im
höchsten Ansehen stand dieser Abt bei der Kaiserin Maria
Theresia, die ihn stets „den frommen Prälaten" nannte.
In einen schweren ereignißvollen Zeitabschnitt fiel die
Regierung des Abtes Erenbert III. (Meyer 's 1800). Den
wissenschaftlichen Instituten verschaffte dieser Prälat die mög-
lichste Vollkommenheit, begründete eine Hauptschule im Markte,
legte eine Naturalien-, Münz-, Kupferstich- und Bildersammlung
an und feierte iu solenner Weise 8 Tage lang das Milleuarium
des Stiftes im Jahre 1777. Aber bald nach dieser Feier
hatte Kremsmünster mit viel Unheil zu kämpfen. Es kamen
die Josephinischeu „Kirchenreformen", die — außer der Er-
richtung des Bisthums Liuz und mehrerer neuen Pfarreien
(1784) — wenig. Gutes brachten. An den gelehrten Anstalten
des Stiftes nergelten neidische Feinde, denen es endlich gelang,
der weitberühmten Akademie den Todesstoß zu geben; die juri¬
dischen Studien wurden ausgehoben, die Theologen mußten
in's Generalseminar nach Wie» wandern. Das Gymnasium
und Lyeenm wurden noch gerettet, aber das Stift selbst brachte
man in die ärgste Bedrängmß. Das Aufhebungspatent war
schon vorbereitet, doch das Bittgesuch des Stiftes stimmte noch
zur rechten Zeit den bisher über Kremsmünster falsch berich-
teten Kaiser um. Die seit acht Mouateu schrecklich herrschende
Administration wurde aufgehoben uud das Stift in seinem
früheren Stande belassen (1788). Eines gelang den Kloster-
feinden dennoch: — den geisteskräftigen Prälaten unter dem
Vorwande von Geistesschwäche zum Staunen des Kapitels
abzusetzen und diesem einen Fremdling als Abbe commen-
dataire aufzudrängen. Aber anderthalb Jahre später wurde
nach der Thronbesteigung des Kaisers Leopold II. der schwer-
geprüfte Abt wieder seinem Stifte zurückgegeben.
Vom ersten Jahre des gegenwärtigen Jahrhunderts an
stand zwölf Jahre lang ein für Alle besorgter, liebevoller
Hausvater au der Spitze des Stiftes, Abt Wolfgaug II.
(Lettthner f 1812), der trotz vieler Unglücksfälle ltnd kriegerischer
Zeiten das Ordenshaus im besten Zustande zu erhalten, Wissen-
schast lttib- Landwirthschast möglichst zu befördern suchte. Er
errichtete wieder eine theologische Lehranstalt uud eröffnete
(1804) das k. k. Eonvikt. Sein Nachfolger, Abt Anselm
(Mairhoser), ein dem Stillleben geneigter Mann, ward
durch die Wucht der widrigsten Geschicke, so zu sagen, erdrückt.
Die ohnehin vorhandene Finanznoth steigerte sich ans's Höchste;
— das. alte Museum (Knabenseminar) und die theologische
Lehranstalt gingen ein; eine Verbesserungseontmission tagte