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Erhöhung der Preise, eine Neufassung der für die Bewirtschaftung
von Milch, Butter und Käse geltenden Anordnungen, die mit ihren
Abänderungen vom 14. März und 21. Juli 1919 den derzeitigen
Rechtszustand darstellen. Die erste Abänderung brachte eine Neu
regelung der sich auf die Butter- und Käselagerung beziehenden Vor
schriften, die zweite ein weiteres sehr beträchtliches Steigen der
Preise. Der Inhalt dieser Vorschriften bildet ^ie Grundlage der
nachfolgenden kurzen Erörterung der Regelung der Milch- und Fett
versorgung, wie sie Ende Juli 1919 in Bayern bestand.
III. Die bestehende Regelung der bayerischen Milch- und Fett
wirtschaft.
1. -L i e f e rp f l i ch t.
Die Milch- und Fettversorgung baut sich in Bayern auf der
Grundlage der Lieferpflicht auf. Sie hat ihren Ausdruck
gefunden in der Anordnung, daß jeder Kuhhalter die von seinen
Kühen erzeugte Milch, ebenso wie die selbstgewonnene Butter mit
Ausnahme des zulässigen Eigenbedarfes zur Sicherung des Be
darfes der Allgemeinheit abzuliefern hat. Es sollen also nicht nur
die Mengen erfaßt werden, die dem Kuhhalter gegenüber als äb-
lieferungspflichtig bezeichnet werden, sondern auch darüber hinaus
alles, was er über seinen festgestellten Eigenbedarf hinaus erzeugt.
Zweck dieser Anordnung ist, nach Möglichkeit zu verhindern, daß
Milch und Butter infolge einer nicht immer vermeidbaren unge
nauen Festsetzung der Höhe der Lieferschuld in den freien Verkehr ge
langen.
Der Eigenbedarf derKuhhalter setzt sich zusammen
aus dem Bedarf der Wirtschaftsangehörigen (Selbstversorger) und
dem Bedarf für die Wirtschaft. Als Selbstversorger werden alle
Kuhhalter nebst ihren Haushalts- und denjenigen Wirtschafts
angehörigen betrachtet, die gegen Entgelt in ein dauerndes Arbeits
verhältnis zu dem Betriebe getreten sind, das ihre Arbeitskraft voll
ständig oder ganz überwiegend in Anspruch nimmt, wobei jedoch die
Selbstversorgereigenschaft von Wirtschaftsangehörigen, die nicht zur
Haushaltungsgemeinschaft gehören, nur für den Fettbezug, nicht
aber für den Milchbezug anerkannt wird. Als Kuhhalter gilt nur,
wer Milchvieh für eigene Rechnung im eigenen Betriebe hält. Für
die Festsetzung der Menge, die den Selbstversorgern zum Eigenbedarf
ihres Haushalts belassen werden soll, konnte eine einheitliche Rege
lung für das ganze Land nicht getroffen werden. Die Einhaltung
der von der Reichsfettstelle hierfür gegebenen Richtlinien — ein Voll-