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ohne Rücksicht auf die Schweinepreispolitik des Reiches. Dort, wo
Kartoffeln und vielleicht auch Getreide von jeher verfüttert wurden,
dort wurde diese Verfütterung im allgemeinen auch während des
Krieges trotz aller Verfütterungsverbote beibehalten.
So richtig für die Gebiete, die im Frieden auf Auslandsfutter
mittel angewiesen waren, die Reichsschweinepolitik war, sowohl
der Schweinemord als die Preisfestsetzung, so verfehlt war sie
für Bayern und für Bundesstaaten mit ähnlich gelagerten Ver
hältnissen. Sie war nicht imstande, in diesen Gebieten die
Schweinehaltung so stark zu reduzieren wie in denen, die auf Aus
landsfuttermittel angewiesen waren. Sie war auch nicht imstande,
hier die bedauerliche herkömmliche Zusatzverfütterung von Getreide
und Kartoffeln zu verhindern. Die Preispolitik des Reiches hat in
Bayern lediglich zur Folge gehabt, daß der bayerische Bauer seine
Schweine, soweit er sie nicht hausschlachtete, der öffentlichen
Hand entzog. Die einzige Wirkung war, daß die Verheim
lichung der Schweinebestände immer ärger wurde, die Haus- und
Notschlachtungen außerordentlich zunahmen, daß viel Fleisch hiervon
der ungesetzlichen Versorgung zu hohen Preisen zufloß und für den
Schleichhandel eine sehr ergiebige Bezugsquelle geschaffen wurde.
Es wäre zu wünschen gewesen, daß die Vereinheitlichung auf diesem
Gebiet der Wirtschaftspolitik nicht auf die Spitze getrieben und den
besonderen bayerischen Verhältnissen Rechnung getragen worden
wäre zum Besten der Verbraucher, denen Brotgetreide und Kar
toffeln in erheblichem Umfang hierdurch nicht gerettet wurden,
dagegen das Schweinefleisch soviel wie ganz entzogen wurde. Nach
jahrelang verfehlter Politik ist natürlich jetzt auch in Bayern durch
eine entsprechende Preisfestsetzung nichts mehr zu ändern. Es bleibt
nichts anderes übrig als zu hassen, daß die Einfuhr von Auslands
futtermitteln möglichst bald diese wichtige Frage in natürlicher
Weise löst.
VT. Bayern und der Abbau der Zwangswirtschaft in der Fleisch
versorgung.
Der Sturm gegen die Ernährungszwangswirtschaft tobte in
Bayern besonders vor einigen Monaten mit außerordentlicher
Heftigkeit, hat aber infolge der Erfahrungen, die mit der Freigabe
des Hafers und der Häute gemacht wurden, heute etwas nach
gelassen. Die Bayerische Fleischversorgungsstelle, die in der rein
behördlich geleiteten Zwangswirtschaft durchaus nicht einen Ideal-
zustand erblickt und an deren Verewigung nicht im geringsten denkt,